Spendernieren können erfolgreich transplantiert werden, auch wenn zwischen Spender und Empfänger starke Gewebeunverträglichkeiten bestehen. Das zeigt jetzt eine Studie an 34 solcher Hochrisiko-Patienten. Ihre Erfolgrate unterschied sich nicht von der „normaler“ Transplantationen und auch ein Jahr später funktionierten noch rund 95 Prozent der Transplantate.
Wenn die Nieren nicht mehr arbeiten, müssen die Patienten entweder regelmäßig zur Dialyse oder sie erhalten eine Spenderniere (Transplantation). Das Organ kommt dabei entweder von hirntoten Spendern oder als Lebendspende von einer dem Patienten nahestehenden Person. Blutgruppe und Gewebeverträglichkeitsmerkmale (HLA-Merkmale) von Spender und Empfänger sollten möglichst übereinstimmen. Da der Empfängerorganismus selbst bei gleichen HLA-Merkmalen immer versucht, das fremde Organ abzustoßen, müssen die Patienten nach der Transplantation lebenslang Medikamente einnehmen, die die körpereigene Abwehr unterdrücken.
Erfolg bei Hochrisikopatienten analysiert
Forscher der Heidelberger Abteilung für Transplantationsimmunologie sammelten mehrere Jahre lang
Daten in der weltweit größten Datenbank zur Nierentransplantation, um immunologische Hochrisiko-Patienten zu identifizieren. Solche Patienten haben beispielsweise nach Schwangerschaften, Bluttransfusionen oder Vortransplantationen Antikörper gegen fremde Gewebemerkmale gebildet und deshalb nur geringe Chancen, ein Spenderorgan zu erhalten, bei dem die Gewebeübereinstimmungsprobe direkt vor der Operation negativ ausfällt.
„Das Risiko, dass das transplantierte Organ schon bald nach der Operation wieder abgestoßen wird, ist bei ihnen besonders groß. Nur mit zusätzlichen Maßnahmen können Hochrisiko-Patienten erfolgreich transplantiert werden“, erklärt Professor Caner Süsal, Leiter des Antikörperlabors in der Abteilung für Transplantationsimmunologie.
Gleiche Transplantatüberlebensraten
In der aktuellen Studie erhielten 34 immunologische Hochrisiko-Patienten vor und nach der Transplantation der Spenderniere eine Plasmapherese bzw. Immunadsorption. Dies sind Verfahren, die vorhandene Antikörper aus dem Blut der Organempfänger entfernen. Zusätzlich bekamen die Patienten ein Medikament (Rituximab), das die Zellen, die neue Antikörper bilden könnten,
zerstört.
Mit Hilfe der intensivierten Immunsuppression und einer engmaschigen Überwachung eventueller Abstoßungsreaktionen waren rund 95 Prozent der transplantierten Nieren nach einem Jahr weiterhin funktionsfähig. Komplikationen der im Vergleich zu nicht-immunisierten Patienten stärkeren Immunsuppression waren selten und gut beherrschbar.
Unverträglichkeit kein Ausschlusskriterium mehr
„Mit Hilfe der von uns getesteten Kriterien können wir Patienten nierentransplantieren, die früher meist lebenslang an der Dialyse blieben und das mit Erfolgsraten, die denen nicht immunisierter Patienten entsprechen. Unser Hochrisikopatienten-Programm ist ein gutes Beispiel dafür, wie Ergebnisse aus der Forschung nach intensiver Evaluierung erfolgreich in die Klinik umgesetzt werden“, so Christian Morath und Jörg Beimler, Oberarzt am Nierenzentrum der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, erfreut.
„Wenn wir nach der neuen Handlungsanleitung vorgehen, sind Barrieren wie Blutgruppenunverträglichkeiten und positives Crossmatch kein Ausschlusskriterium mehr für eine Transplantation“, ergänzt Professor Jan Schmidt, Sektionsleiter der Transplantationschirurgie.
(Universitätsklinikum Heidelberg, 17.09.2010 – DLO)