Medizin

Präbiotika in Babymilch als Allergieschutz?

Präbiotische Zusätze in Babynahrung können allergischen Hautauschlägen bei Säuglingen vorbeugen

Säugling mit Flaschenmilch © SXC

Immer mehr Kinder entwickeln schon als Säuglinge Allergien gegen bestimmte Nahrungsmittel. Manchen Milchpulvern und Babybreien werden deshalb sogenannte Präbiotika zugesetzt – Substanzen, die eine gesunde Darmflora fördern sollen und so die Überreaktion des Immunsystems hemmen. Ob das tatsächlich gegen Ekzeme und Asthma hilft, hat jetzt ein Team der Cochrane-Kollaboration genauer untersucht. Ihr Fazit: teils, teils.

„Nahrungsmittel-Allergien und andere allergische Erkrankungen sind sehr verbreitet und könnten in Zukunft vor allem in den Industrieländern noch weiter zunehmen“, erklären David Osborn und John Sinn von der University of Sydney. Wann sich eine Allergie bei einem Menschen manifestiert, folgt dabei einem charakteristischen zeitlichen Muster: Innerhalb der ersten zwei bis drei Lebensjahre entwickeln sich Überreaktionen auf bestimmte Nahrungsmittel, sie äußern sich meist durch Ekzeme, Durchfall und Atembeschwerden, wie die Forscher berichten. Erst später in der Kindheit kommen Allergien gegenüber Hausstaubmilben oder Tierhaaren hinzu, häufig tritt auch in diesem Alter Asthma erstmals auf. Zurzeit wird intensiv erforscht, ob eine Intervention schon im Säuglingsalter dazu beitragen kann, auch allen späteren Allergie-Varianten vorzubeugen.

Futter für nützliche Darmbewohner

Eine der Strategien, die dafür in Betracht kommen, ist der Zusatz von sogenannten Präbiotika zur Säuglingsnahrung. Dabei handelt es sich meist um längerkettige Zuckerverbindungen wie beispielsweise Inulin, die den Magen und Dünndarm unverdaut passieren. Im Dickdarm werden diese Kohlenhydrate selektiv von Milchsäurebakterien und anderen nützlichen Darmbakterien aufgeschlossen und fördern dadurch deren Wachstum. Wie die Forscher berichten, gibt es Hinweise darauf, dass eine gesunde Darmflora vor allem bei Säuglingen eine wichtige Rolle dafür spielen könnte, Überreaktionen der Darmschleimhaut und der Immunabwehr auf Nahrungsmittel-Bestandteile zu verhindern. „In vielen Studien hat sich gezeigt, dass Kinder mit allergischen Hautauschlägen weniger Milchsäurebakterien mit dem Kot ausscheiden“, so Osborn und Sinn.

Um dieses Manko auszugleichen und das Wachstum der nützlichen Darmflora zu fördern, setzen einige Hersteller inzwischen ihrer Babynahrung Präbiotika zu. Ob dieser Zusatz aber tatsächlich wie erhofft Allergien vermeiden kann, haben die Forscher jetzt in einer Meta-Analyse untersucht. Sie werteten dafür vier Studien mit insgesamt 1.428 Kindern aus und prüften sowohl die Ergebnisse als auch die Methodik dieser Arbeiten. Bei dreien davon hatten Forscher Flaschenmilch mit und ohne Präbiotika verglichen, bei einer Muttermilch mit und ohne den Zusatz dieser Zuckerverbindungen. Die Gesundheit aller Kinder wurde vier Monate bis zwei Jahre lang verfolgt und die Zahl der auftretenden Allergiefälle registriert.

Wirkung gegen Ekzeme ja, gegen Asthma nein

„Wir haben einige Belege dafür gefunden, dass Babynahrung mit Präbiotika dazu beitragen kann, Ekzeme bei Säuglingen und Kleinkindern zu verhindern“, berichten die Forscher. In den vier Studien habe man eine signifikante Reduktion solcher allergiebedingter Hautauschläge bei den Kindern festgestellt, die Milch mit präbiotischen Zusätzen erhalten hatten. Keine signifikante Wirkung zeigte sich dagegen in den beiden Studien, die auch das Asthmarisiko untersucht hatten: Die mit Präbiotika gefütterten Kinder entwickelten genauso viel oder wenig Asthma wie die Kontrollgruppe.

Bevor man aber einen Routineeinsatz von Präbiotika in Babymilch empfehlen könne, seien noch mehr und bessere Studien nötig, betonen die Forscher. Denn die Qualität der existierenden Untersuchungen sei bisher eher gering. „Es ist beispielsweise noch unklar, ob man Präbiotika nur bei Kindern einsetzen sollte, die aufgrund ihrer genetischen Veranlagung ein erhöhtes Allergierisiko besitzen oder ob auch nicht besonders gefährdete Kinder davon profitieren“, sagt Osborn. Schon seit längerem ist bekannt, dass Kinder, deren Mutter oder Vater an einer Allergie leidet, zwei bis dreifach häufiger selbst eine allergische Erkrankung bekommen als nicht erblich vorbelastete. Haben beide Eltern eine Allergie, erhöht sich das Risiko sogar auf bis zu 50 Prozent, wie die Forscher erklären. ( Cochrane Database of Systematic Reviews, 2013; doi: 10.1002/14651858.CD006474.pub3)

(Wiley / Cochrane Kollaboration, 28.03.2013 – NPO)

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