Medizin

Radon erhöht auch das Schlaganfall-Risiko

Schon moderate Radonmengen können gesundheitsschädlich sein

Illustration eines Hauses, in das Radongas eindringt
Radongas gelangt durch Risse und Lücken in der Bausubstanz in Wohngebäude und erhöht das Schlaganfall-Risiko der Bewohner. © Francesco Scatena / GettyImages

Doppeltes Risiko: Das radioaktive Radon kann nicht nur Krebs verursachen – wer diesem Gas ausgesetzt ist, hat auch ein erhöhtes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Das gilt nicht nur für hohe, sondern sogar bereits für moderate Konzentrationen des Gases, wie aus einer Studie hervorgeht. Die Erkenntnisse legen nahe, dass der Grenzwert für die vertretbare Radonexposition in Wohnhäusern überdacht werden muss – auch und gerade in Deutschland.

Radon ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Gas, das entsteht, wenn radioaktive Metalle wie Uran oder Radium in Gesteinen und im Erdboden zerfallen. Durch Risse in Kellerwänden und -böden, Baufugen und Lücken um Rohre kann das unsichtbare, geruchlose Gas in Wohnhäuser gelangen. Dort kann es die Gesundheit der Bewohner schädigen, Tumore auslösen und ist nachweislich die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs. „Radon ist ein Luftschadstoff in Innenräumen, der nur durch Tests nachgewiesen werden kann, bei denen die Gaskonzentration in Häusern gemessen wird“, erklärt Eric Whitsel von der University of North Carolina in Chapel Hill.

Der Grenzwert für eine vertretbare durchschnittliche Radonkonzentration in Innenräumen liegt laut der US-Umweltbehörde EPA bei vier Picocuries pro Liter Raumluft (pCi/L). In Gegenden, die diesen Grenzwert überschreiten, empfiehlt die EPA Geräte wie Luftfilter und Lüftungsanlagen, die die Radonbelastung in den Häusern reduzieren. Das soll das Lungenkrebsrisiko senken. In Deutschland liegt die Grenze bei 300 Becquerel pro Kubikmeter, umgerechnet rund acht pCi/L und damit doppelt so hoch wie in den USA.

Verursacht Radon Schlaganfälle?

Ein Forschungsteam um Whitsel und Erstautorin Sophie Buchheit von der Brown University in Rhode Island hat nun untersucht, ob Radon auch im Zusammenhang mit Schlaganfällen steht. Dafür werteten sie die Gesundheitsdaten von knapp 160.000 weiblichen Testpersonen in den USA über einen Zeitraum von 13 Jahren aus.

Alle Probandinnen waren zu Studienbeginn zwischen 50 und 79 Jahren alt und hatten noch nie einen Schlaganfall erlitten. Im Laufe der Studie zählten die Forschenden dann fast 7.000 Schlaganfälle unter den Frauen. Mithilfe von Behördenangaben zur Radonkonzentration in den Wohngegenden der Probandinnen untersuchten Buchheit und ihr Team anschließend, ob es bei den Schlaganfall-Fällen einen Zusammenhang mit einer erhöhten Radon-Belastung gab.

Schon moderate Radonmengen erhöhen das Risiko

Tatsächlich ergab der Vergleich ein erhöhtes Schlaganfallrisiko bei Teilnehmerinnen, die Radon in mittleren bis hohen Konzentrationen von zwei oder mehr pCi/L ausgesetzt waren. Konkret hatten Frauen mit einer Radon-Belastung zwischen zwei und vier pCi/L Radon ein um sechs Prozent höheres Schlaganfallrisiko und Frauen, die mehr als vier pCi/L Radon ausgesetzt waren, sogar ein um 14 Prozent höheres Schlaganfallrisiko als geringer belastete Personen, wie das Team ermittelte.

In absoluten Zahlen äußerte sich dies in 349, 343 und 333 Schlaganfällen pro 100.000 Personen-Lebensjahren für hohe, mittlere und niedrige Radonkonzentrationen. Personenjahre stellen dabei sowohl die Anzahl der Personen in der Gruppe als auch die Zeit dar, die jede Person in der Studie verbracht hat, wie die Forschenden erklären.

Radon-Grenzwert muss möglicherweise gesenkt werden

„Wir haben auch ein erhöhtes Schlaganfallrisiko bei denjenigen festgestellt, die Radonkonzentrationen ausgesetzt sind, die bis zu zwei pCi/l unter dem aktuell geltenden Schwellenwert liegen“, sagt Whitsel. Der Grenzwert müsse daher möglicherweise gesenkt und häufiger Geräte zur Radonreduzierung in Häusern eingebaut werden, um nicht nur Lungenkrebs, sondern auch Schlaganfälle zu vermeiden.

Da an der Studie jedoch nur US-Amerikanerinnen mittleren Alters teilgenommen haben, müssen die Ergebnisse zunächst in weiteren Untersuchungen mit vielfältigeren Testpersonen bestätigt werden. „Die Bestätigung würde eine Chance bieten, die öffentliche Gesundheit zu verbessern, indem ein neu auftretender Risikofaktor für Schlaganfälle angegangen wird“, so Whitsel. (Neurology, 2024; doi: 10.1212/WNL.0000000000209143)

Quelle: American Academy of Neurology

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