Nicht nur Krebs und Herzversagen: Wer raucht, erhöht sein Risiko auch bei Krankheiten, die bisher als nicht typisch raucherbedingt galten – darunter Infektionen oder Nierenversagen. Immerhin 17 Prozent der durch Tabak erhöhten Sterberate hängen nicht mit typischen Raucherkrankheiten zusammen, wie US-Mediziner herausgefunden haben. Das sei ein weiterer wichtiger Grund, Raucher zum Aufhören aufzufordern – denn das Aufhören steigert deutlich die Lebenserwartung, schreiben die Forscher im „New England Journal of Medicine“.
Rauchen steigert drastisch das Krebsrisiko und die Gefahr durch Herz-Kreislauf-Krankheiten – das ist mittlerweile vielfach belegt. Lungenkrebs ist sicher die bekannteste und gefürchtetste Folgeerscheinung des Rauchens, aber auch andere Krebsarten, etwa im Mund- und Rachenraum, sind häufig. Dazu kommen Blutgefäßkrankheiten bis hin zum typischen „Raucherbein“, wenn sich eine Arterie durch Ablagerungen vollständig schließt. Die Lebenserwartung von Rauchern ist wegen solcher Folgekrankheiten deutlich niedriger. Rheuma und Impotenz sind weitere drohende Folgen des Rauchens.
Wissenschaftler um Brian Carter von der American Cancer Society haben nun jedoch festgestellt, dass auch andere als die weitläufig bekannten Krankheiten bei Rauchern eine wichtige Rolle spielen. In einer Metastudie untersuchten die Mediziner Daten von fast einer Million Studienteilnehmern mit einem Alter von über 55 Jahren. Der beobachtete Zeitraum erstreckte sich vom Jahr 2000 bis 2011.
Nierenversagen und Infektionen
Dabei stellten sie fest, dass rund 17 Prozent der erhöhten Sterberate bei Rauchern nicht mit den bisher dafür als typisch geltenden Erkrankungen zusammenhängen. Das relative Risiko etwa, an Nierenversagen zu sterben, ist bei Rauchern 1,7 bis 2,3 Mal höher. Das Risiko einer tödlichen Infektion steigt um das 2- bis 2,7-Fache. Verglichen mit den bekannten Risiken ist das zwar relativ niedrig – bei den typischen Tabak-Folgekrankheiten liegt das Risiko um bis zu 25 Mal höher. Die Zahlen belegen jedoch ein bedeutend größeres Ausmaß als bisher bekannt war.
Aus diesem Grund sollten sich auch Ärzte anderer Fachrichtungen, die sich zuvor weniger damit beschäftigt haben, mit den Folgen des Rauchens auseinandersetzen, meint Michael Hallek von der Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM): „Die Ergebnisse verdeutlichen nicht nur den schädigenden Einfluss des Tabakkonsums, sondern machen auch klar, dass das Thema Internisten aller Schwerpunkte angeht“, so Hallek. „Es ist wichtig zu verdeutlichen, dass die gesundheitlichen Schäden durch Rauchen vielfältig sind und über das klassische abschreckende Bild vom Lungenkrebs hinaus weitere schwere gesundheitliche Einbußen damit verbunden sind.“
Hoffnung für Aufhörer
Die DGIM nimmt die aktuelle Studie zum Anlass, erneut auf die Gefahren des Rauchens hinzuweisen. Lebenserwartung, Lebensqualität und Gesundheit erhöhten sich, wenn Menschen auf Zigarette, Zigarre, Pfeife und anderen Tabakkonsum verzichten. Raucher sollten darum so bald wie möglich damit aufhören.
Denn für die Aufhörer macht die Studie die größte Hoffnung: „Interessanterweise nimmt nach einem gänzlichen Rauchstopp gerade bei diesen jetzt neu dem Rauchen zugeordneten Erkrankungen das Risiko wieder ab“, erläutert Hallek. Je früher Raucher aufhören, desto besser. Denn mit den Jahren, die der Rauchstopp zurückliegt, sinkt das erhöhte Risiko für diese Erkrankungen und verschwindet bei einigen gänzlich. „Diese Erkenntnisse bestätigen einmal mehr, dass es sich jederzeit lohnt, mit dem Rauchen aufzuhören“, fasst Hallek zusammen. (New England Journal of Medicine, 2015; doi: 10.1056/NEJMsa1407211)
(Carter et al., New England Journal of Medicine / DGIM, 14.04.2015 – AKR)