Medizin

Rekordzahl von Masern-Fällen in Europa

2024 erkrankten so viele Menschen in Europa an Masern wie seit 1997 nicht mehr

Masernvirus
Das Masernvirus ist hochansteckend und breitet sich inzwischen wieder vermehrt aus. © CDC/ Cynthia S. Goldsmith, William Bellini

Bedenklicher Trend: Im Jahr 2024 sind in Europa so viele Menschen an Masern erkrankt wie seit 1997 nicht mehr – es gab 127.350 gemeldete Masernfälle in nur einem Jahr. Mehr als die Hälfte der Masernpatienten erkrankten so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten, wie die WHO und UNICEF berichten. Hauptgrund für die zunehmenden Ausbrüche ist eine zu geringe Impfquote. Weil Masern weit ansteckender sind als Grippe oder Covid-19, gefährdet dies vor allem kleine, noch nicht impffähige Kinder.

Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit: Die Viren gehören zu den ansteckendsten Erregern überhaupt und können neben Fieber und roten Hautflecken schweren Komplikationen verursachen. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sterben weltweit jährlich rund 100.000 Menschen an den Masern. Bei schweren Verläufen mit Gehirnentzündung kann eine geistige Behinderung zurückbleiben, zudem löscht die Maserninfektion das Immungedächtnis.

Kind mit Masern
Kind mit den typischen roten Masernflecken. © WHO / Danil Usmanov

Schutz davor bietet eine Impfung, die Kleinkinder typischerweise in Kombination mit anderen Impfstoffen erhalten. Doch einige Eltern lehnen diese MMR-Impfung für ihre Kinder ab. Teilweise aus Sorge um Nebenwirkungen, teils aber auch, weil gerade in sozialen Medien immer wieder Falschinformationen verbreitet werden – unter anderem über einen längst als falsch entlarvten Zusammenhang von Autismus mit der Masernimpfung.

Rekordzahl von Masernfällen

Die Folgen sind zunehmende Masernausbrüche: In den USA kämpfen Gesundheitsbehörden seit Wochen vergeblich gegen die Ausbreitung einer Masernepidemie, in Europa melden WHO und UNICEF jetzt ebenfalls Rekordzahlen: Im Jahr 2024 gab es in Europa 127.350 gemeldete Masernfälle – so viele wie seit 1997 nicht mehr. Dank hoher Impfquoten war die Zahl der Maserninfektionen seit damals deutlich gesunken, doch seit ein paar Jahren kehrt sich dieser Trend nun wieder um.

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Mehr als die Hälfte der im Jahr 2024 an Masern erkrankten Menschen erkrankten so schwer, dass sie im Krankenhaus stationär behandelt werden mussten. 38 Masernpatienten starben. Rund 40 Prozent der Fälle waren Kinder unter fünf Jahren. „Die Masern sind zurück und das ist ein Weckruf“, sagt Hans Henri Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. „Das Masernvirus rastet nicht und wir können es uns nicht leisten, hier an Boden zu verlieren.“

Fehlende Impfung als Hauptursache

Hauptursache der zunehmenden Masernausbrüche ist ein Rückgang der Masernimpfungen. Von den 2024 an Masern erkrankten Kindern und Erwachsenen waren mehr als 80 Prozent nicht geimpft, wie das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) berichtete. Das Problem daran: Masern sind weit ansteckender als die meisten anderen Virusinfektionen und breiten sich daher in einer nur zum Teil geimpften Bevölkerung schnell aus.

Als Folge können auch Säuglinge und andere nicht impfbare Personen angesteckt werden. Um dies zu hindern, ist eine Impfrate von mindestens 95 Prozent der Bevölkerung nötig, um Ausbrüche zu vermeiden und auch die noch ungeimpften Säuglinge und Kleinkinder zu schützen.

Impfmüdigkeit auch in Deutschland

Doch in vielen Ländern Europas liegt die Impfquote inzwischen deutlich darunter. So sind in den Ländern des Balkans weniger als 80 Prozent der Menschen gegen Masern geimpft, in Montenegro nicht einmal 50 Prozent. Aber auch in Deutschland gibt es Regionen mit zu geringer Impfquote vor allem bei Kleinkindern: Laut Robert-Koch-Institut haben beispielsweise in Baden-Württemberg nur 68 Prozent der 2021 geborenen Kinder beide Masernimpfungen erhalten, in Sachsen nur 55 Prozent.

Als Mitursache gilt die Corona-Pandemie, die einerseits die Impfroutinen störte, andererseits die Impfmüdigkeit schürte. „In den letzten zwei Jahren sind die Masernfälle in Europa und Zentralasien explosiv angestiegen, das zeigt, dass wir Lücken in der Immunisierung haben“, sagt Regina De Dominicis, UNICEF-Regionaldirektorin für Europa und Zentralasien. „Um Kinder vor dieser in manchen Fällen tödlichen und schädigenden Krankheit zu schützen, müssen wir dringend handeln.“

Quelle: World Health Organisation, European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC)

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