Sie sind überall: In nahezu allen europäischen Seen gibt es Bakterien, die gegen ein oder mehrere Antibiotika-Klassen resistent sind. Das belegt die bislang umfangreichste Erhebung mit Proben aus 270 Seen in Europa. In nahezu allen Proben wiesen die Forscher Resistenzgene gegen Tetracycline, Cephalosporine und Chinolone nach – drei für Humanmedizin und Tiermedizin besonders wichtige Antibiotika-Klassen. Das sei ein Warnsignal für die Infektionsbekämpfung, so die Wissenschaftler.
Immer mehr Bakterien entwickeln Resistenzen gegen ein oder mehrere gängige Antibiotika – mit fatalen Folgen für die Medizin. Allein in Europa sterben jährlich mehr als 33.000 Menschen, weil ihre bakteriellen Infektionen nicht mehr auf die Medikamente reagieren. Die Krankheitserreger entwickeln ihre Resistenzmechanismen teilweise selbst, sie können die Gene dafür aber auch von anderen Bakterienarten erhalten. Inzwischen wurden solche bakteriellen Resistenzgene schon in Böden, Gewässern, dem Hausstaub, der Luft und unserem Darm nachgewiesen.
Größte Bestandsaufnahme für europäische Seen
Wie aber sieht die Verbreitung von resistenten Keimen und den entsprechenden Genen in europäischen Seen aus? „Eigentlich wird das Abwasser vor dem Einleiten in die Gewässer gereinigt und daher sollten Krankheitserreger selten oder gar nicht mehr darin enthalten sein“, erklären Sebastian Spänig von der Universität Marburg und seine Kollegen. „Aber mehrere Studien haben schon das Gegenteil gezeigt: Pathogene sind im eingeleiteten Abwasser noch immer nachweisbar und gelangen so in Seen und Flüsse.“
Zur Menge und Art der resistenten Keime in den Seen Europas gab es bisher nur stichprobenartige Erkenntnisse, jetzt hat das Forschungsteam dies erstmals in großem Maßstab untersucht. „Wir geben in unserer Studie zum ersten Mal einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation in Europa“, sagt Seniorautor Jens Boenigk von der Universität Duisburg-Essen. Dafür hat das Team standardisierte Wasserproben von 274 Süßwasserseen in 13 europäischen Ländern von Skandinavien bis Spanien genommen und sie auf Menge und Art der Resistenzgene analysiert.