Der resistente Krankenhauskeim Clostridium difficile ist in den USA entstanden. Der heute weltweit verbreitete Erreger entwickelte dort vor rund zehn Jahren seine Widerstandsfähigkeit gegenüber einer wichtigen Gruppe von Antibiotika. Das hat ein internationales Forscherteam herausgefunden, als es mittels Genvergleichen den Ursprung und die Ausbreitungswege des Durchfallerregers untersuchte. Entgegen bisherigen Annahmen gehe die resistente Form von Clostridium nicht auf einen, sondern auf gleich zwei Stämme zurück, die sich kurz hintereinander bildeten – einer in Pittsburgh und einer etwas weiter nördlich, möglicherweise sogar in Kanada, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Genetics“. Am Genmuster deutlich zu erkennen sei auch, wie problemlos und rasant sich die beiden resistenten Stämme dann über den Atlantik auch nach Europa verbreitet hätten.
„Die schnelle Ausbreitung von Clostridium difficile demonstriert, wie eng die Gesundheitssysteme weltweit miteinander verknüpft sind“, schreiben Miao He vom Wellcome Trust Sanger Institute in britischen Hinxton und seine Kollegen. Vor allem der internationale Flugverkehr erleichtere solchen resistenten Keimen die Verbreitung. So sei einer der beiden resistenten Clostridium-Stämme, FQR1, direkt von den USA aus nach Südkorea und in die Schweiz eingeschleppt worden. Der zweite Stamm, FQR2, sei vier Mal unabhängig voneinander nach Europa gelangt und später dann über einen Überträger auch nach Australien.
Rapide Ausbreitung in den letzten zehn Jahren
Clostridium difficile kommt bei den meisten Menschen im Darm vor, ist bei gesunden Menschen aber harmlos. Gerät jedoch die normale Darmflora aus dem Gleichgewicht, durch eine Infektion oder eine Antibiotikabehandlung, kann sich der Erreger übermäßig vermehren und dann schwere, teilweise sogar lebensbedrohliche Durchfallerkrankungen auslösen. „Clostridium difficile hat sich in den letzten zehn Jahren rapide zur Hauptursache für durch Antibiotika ausgelöste Durchfall-Erkrankungen entwickelt“, berichten die Forscher. Zunehmend seien dabei – meist in Krankenhäusern – Ausbrüche resistenter Stämme dieses Bakteriums berichtet worden. Diese erwiesen sich als immun gegenüber Fluorchinolonen, einer wichtigen Antibiotikaklasse. Wann und wo das Bakterium seine Resistenz gegen den Wirkstoff entwickelt habe und warum es sich so rasant weltweit verbreiten konnte, sei aber ungeklärt gewesen, sagen He und seine Kollegen.
Für ihre Studie hatten die Forscher 151 verschiedene Proben des Bakteriums Clostridium difficile genetisch analysiert, die zwischen 1985 und 2010 Patienten weltweit entnommen worden waren. Anhand von Unterschieden im Erbgut rekonstruierten sie einen Stammbaum des Erregers, der die genetische Entwicklung und Verwandtschaft der verschiedenen weltweiten Clostridium-Populationen widerspiegelte.
Übermäßige Antibiotika-Nutzung förderte Resistenz
„Der globale Stammbaum zeigt, dass es zwei genetisch klar voneinander getrennte Linien des Erregers gibt“, schreiben He und seine Kollegen. Eine sei erstmals 2001 bei einer Krankenhaus-Epidemie in Pittsburgh aufgetreten. Für den anderen Stamm sei der Ursprung weniger genau lokalisierbar, liege aber höchstwahrscheinlich auch in den USA oder dem südlichen Kanada.
Beide Stämme hätten unabhängig voneinander die Genveränderungen entwickelt, die sie unempfindlich gegenüber Fluorchinolonen machten. „Fluorchinolone waren Ende der 1990er Jahre und Anfang der 200er die in den USA am häufigsten verschriebene Antibiotikaklasse“, sagen die Forscher. Das erkläre die nahezu simultane Entwicklung zweier resistenter Clostridium-Stämme zu jener Zeit.
Nach Angaben der Forscher kommt der eine Stamm, FQR1, heute vor allem in den USA, aber auch in Südkorea und in der Schweiz vor. Der zweite Stamm, FQR2, sei deutlich weiter verbreitet und finde sich in der Mehrheit der Proben. Dieser Erregerstamm sei auch für die zahlreichen Clostridium-Ausbrüche der letzten Jahre in britischen Krankenhäusern verantwortlich. „Unsere Analyse zeigt, dass FQR2 zweimal von Großbritannien aus nach Kontinentaleuropa eingeschleppt wurde und zweimal direkt über transatlantische Verbindungen dorthin gelangte“, berichten die Wissenschaftler. Die schnelle Ausbreitung erkläre sich auch dadurch, dass Clostridium difficile sehr widerstandsfähige, aber hochansteckende Sporen bilde (doi:10.1038/ng.2478).
(Nature Genetics, 10.12.2012 – NPO)