Medizin

„Rosa Rauschen“ gegen die Demenz?

Nächtliche Beschallung verbessert Gedächtnisleistung von Patienten mit Demenz-Vorstufen

Rosa Rauschen
Kann eine nächtliche Geräuschstimulation mit rosa Rauschen das Gedächtnis verbessern? © no limit pictures/ iStock.com

Förderliche Beschallung: Eine spezielle Beschallung während der Tiefschlafphase könnte Patienten mit Gedächtnisproblemen helfen. Wie eine Pilotstudie nahelegt, verbessert sich durch die nächtlichen Geräusche nicht nur die Qualität des Tiefschlafs. Die an leichten kognitiven Störungen leidenden Testpersonen schnitten am nächsten Morgen auch in Erinnerungstests besser ab. Der Ansatz eigne sich somit möglicherweise zur Vorbeugung von Demenz, berichten die Forscher.

Erholsamer Schlaf ist für die Gesundheit enorm wichtig – auch für die unseres Gehirns. Das Denkorgan transportiert in der nächtlichen Ruhepause molekulare Abfallstoffe aus den Zellen, ordnet die Eindrücke des Tages und verwirft sie oder speichert sie ab. Auf diese Weise festigen sich unsere Erinnerungen und es entsteht die Basis für Lernprozesse.

Es scheint daher nicht verwunderlich, dass Schlafstörungen immer wieder mit Defiziten in Sachen Denkvermögen und Gedächtnis in Verbindung gebracht werden. Auch Menschen mit leichten kognitiven Störungen, die als potenzielle Vorstufe von Demenz gelten, leiden häufig unter Schlafproblemen. Vor allem der Tiefschlaf ist bei diesen Patienten oftmals verkürzt – eine Phase des Schlafs, die für die Gedächtnisbildung besonders wichtig ist.

Mit rosa Rauschen durch die Nacht

Könnte man Betroffenen zu längerem und besserem Tiefschlaf verhelfen, ließen sich womöglich auch ihre kognitiven Symptome lindern, glauben Forscher. Genau dies haben Roneil Malkani von der Northwestern University in Chicago und seine Kollegen nun versucht: mithilfe von Geräuschen. Tatsächlich haben frühere Studien bereits nahegelegt, dass Geräuschstimulationen im Rhythmus der für den Tiefschlaf typischen langsamen Hirnwellen den Schlaf und die Gedächtnisleistung verbessern können. Doch funktioniert dies auch mit kognitiv eingeschränkten Personen?

Um dies herauszufinden, luden die Wissenschaftler neun Patienten mit leichten kognitiven Störungen ins Schlaflabor ein. Während sie schliefen, zeichnete ein Gerät die Hirnaktivität der Probanden auf. Sobald dabei erste Anzeichen von Tiefschlaf zu erkennen waren, begann die Geräuschstimulation. Das Forscherteam nutzte dafür leises rosa Rauschen – eine Frequenzmischung, die dem bekannten weißen Rauschen ähnlich ist, aber weniger grell klingt. Als Kontrolle verbrachte jeder Studienteilnehmer zudem eine zweite Nacht ohne nächtliches Rauschen im Schlaflabor.

Besserer Tiefschlaf, besseres Gedächtnis

Die Auswertungen zeigten: Die Geräuschstimulation hatte einen messbar positiven Effekt auf die Qualität des Tiefschlafs. Doch würde sich dies auch auf die Gedächtnisleistung auswirken? Das untersuchten Malkani und seine Kollegen mithilfe von Erinnerungstests, bei denen sich die Studienteilnehmer möglichst viele Wortpaare merken sollten. Das Ergebnis: Nach einer Nacht mit rosa Rauschen schnitten die Probanden tatsächlich besser ab. Je mehr sich ihr Tiefschlaf im Vergleich zur Kontrollnacht verbessert hatte, desto stärker war dieser Effekt.

Eine Verbesserung des Tiefschlafs um 20 Prozent bedeutete demnach, dass sich die Patienten am nächsten Morgen zwei Wörter mehr merkten. Ein Proband, bei dem sich die langsamwellige Hirnaktivität durch die Geräuschstimulation um 40 Prozent gesteigert hatte, rief sich sogar neun Wörter mehr in Erinnerung, wie die Forscher berichten.

Präventionsmaßnahme gegen Demenz?

Zwar ist die Studie mit neun Teilnehmern sehr klein und daher noch wenig aussagekräftig. Trotzdem halten die Wissenschaftler ihre Ergebnisse für vielversprechend: „Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Schlaf für das Gedächtnis und legen nahe, dass die Verbesserung des Tiefschlafs ein potenzieller Therapieansatz bei Menschen mit kognitiven Defiziten sein könnte und womöglich die Entwicklung von Demenz verhindern kann“, konstatiert Malkani. (Annals of Clinical and Translational Neurology, 2019)

Quelle: Northwestern University

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