Alte Krankheit auf neuem Vormarsch: Die Zahl der Syphilis-Infektionen in Deutschland steigt seit einigen Jahren wieder an. Da die Krankheit zunächst unauffällig ist und später in vielen unterschiedlichen Formen auftritt, ist sie oft schwer zu erkennen. Ärzte rufen darum zu höherer Aufmerksamkeit auf, denn Syphilis kann tödlich enden. Bei früher Diagnose lässt sich die bakterielle Infektion zum Glück wirksam behandeln, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.
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Die Syphilis gehörte eigentlich zu den weitgehend besiegten Krankheiten: Während sie zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch häufig vorkam, drängten die damals neu entdeckten Antibiotika den Erreger der Art Treponema pallidum stark zurück. In Deutschland traten Syphilis-Infektionen zuletzt nur noch vereinzelt auf – seit Anfang dieses Jahrzehnts nimmt ihre Zahl jedoch wieder zu.
Waren es 2009 noch rund 3.000 gemeldete Fälle, verzeichnete das Robert Koch-Institut 2013 bereits mehr als 5.000 Meldungen der Geschlechtskrankheit. Die Dunkelziffer könnte aber noch höher sein. Denn eine Syphilis-Infektion verläuft oft unbemerkt. Häufig erkennen Betroffene und auch Ärzte sie erst viele Jahre nach der Ansteckung. Angesichts der steigenden Zahlen rät die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zu erhöhter Aufmerksamkeit für das Krankheitsbild.
Unauffälliges Frühstadium
Ungeschützter Geschlechtsverkehr ist der häufigste Ansteckungsweg der Syphilis. Bei Frauen ist die Infektionsrate seit Jahren gleichbleibend niedrig, die Anzahl der an Syphilis erkrankten Männer steigt jedoch derzeit an. An der Eintrittsstelle des Erregers bildet sich nach neun bis neunzig Tagen zunächst ein schmerzloses Geschwür, der sogenannte „harte Schanker“. Er heilt auch unbehandelt innerhalb von zwei Wochen von selbst ab und ist daher oft unauffällig. „Der Primäraffekt der Syphilis bleibt häufig unbemerkt“, sagt der Generalsekretär der DGIM, Ulrich Fölsch. In nur einem Drittel der Fälle bemerken Infizierte dieses erste Stadium der Syphilis.
Etwa sieben bis acht Wochen später haben sich die spiralförmigen Treponema-Bakterien im Körper ausgebreitet. Auf der Haut bildet sich Ausschlag, häufig am Rumpf, Handflächen und Fußsohlen. Eine Syphilis kann in diesem Stadium ohne Behandlung von selbst ausheilen. „Bei gesunden Menschen gelingt es dem Immunsystem in etwa dreißig Prozent der Fälle, die Erreger vollständig zu beseitigen“, erklärt Fölsch.
Syphilis nimmt viele Gestalten an
Wenn die körpereigene Abwehr allerdings geschwächt ist, beispielsweise durch eine gleichzeitige HIV-Infektion, schreitet die Krankheit dagegen meist fort. Es vergehen Jahre bis Jahrzehnte, bis sie in ihr drittes Stadium eintritt. Auf der Haut erscheinen dann Knoten oder Flecken, später bilden sich Geschwüre. Die richtige Diagnose bringt häufig erst die Analyse einer Hautprobe, „denn Syphilis kann die Gestalt vieler Erkrankungen annehmen“, beschreibt Fölsch. „Früher wurde sie deshalb auch als Chamäleon der Medizin bezeichnet.“
Spätsyphilis beschränkt sich dann nicht mehr auf die Haut. Sie schädigt auch die Blutgefäße schwer: „Ein durch die Infektion ausgelöstes Aneurysma etwa kann jederzeit platzen und einen plötzlichen Tod herbeiführen“, so Fölsch. Auch Schäden an Herzklappen und Gehirn kommen vor, bis hin zu einer chronischen Hirnhautentzündung und Demenz. Das Rückenmark und damit das Nervensystem können ebenfalls schwer geschädigt werden, mit neurologischen Folgen wie Lähmung und Blindheit.
Rechtzeitig gegebenes Penicillin wirkt
Glücklicherweise gibt es wirksame Gegenmittel: Noch im Spätstadium beseitigt eine zweiwöchige Penicillinbehandlung die Bakterien. Im Frühstadium reicht bereits eine einmalige intramuskuläre Injektion, um die Infektion zu heilen.
Rechtzeitige Gegenmaßnahmen sind dennoch wichtig, denn einmal aufgetretene Schäden an den Blutgefäßen oder im Nervensystem bleiben bestehen. „Deshalb ist es wichtig, dass die Erkrankung frühzeitig erkannt wird“, warnt Fölsch. Menschen, die erste Anzeichen einer Syphilis-Infektion an sich beobachten, sollten einen Arzt aufsuchen. Und auch Ärzte sollten angesichts der vermehrten Verbreitung der Infektion erste Symptome ernst nehmen.
(Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V., 04.12.2014 – AKR)