Medizin

Schadet Bluthochdruck dem Gedächtnis?

Reduzierung auf 120 mmHg senkt Risiko für kognitive Störungen

Blutdruckmessung
Ein zu hoher Blutdruck könnte sich auch negativ auf das Gedächtnis auswirken. © Andrey Popov/ iStock.com

Nicht nur das Herz profitiert: Krankhaften Bluthochdruck in den Griff zu bekommen, tut auch dem Gedächtnis gut. Eine Studie zeigt: Sinkt der systolische Blutdruck auf Werte unterhalb von 120 mmHg, entwickeln Patienten seltener kognitive Beeinträchtigungen, die die Vorstufe einer Demenz darstellen können. Eine Reduzierung auf lediglich 140 mmHg ist dagegen weitaus weniger effektiv, wie die Forscher berichten.

Zu hoher Blutdruck schädigt auf Dauer Gefäße, Herz und andere Organe. Länger anhaltende Werte oberhalb von 140/ 90 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg) gelten daher als Risikofaktor für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Nierenschäden. Doch das ist noch nicht alles: In letzter Zeit mehren sich die Hinweise darauf, dass Bluthochdruck auch dem Gedächtnis schaden kann – und auf diese Weise womöglich Demenzerkrankungen wie Alzheimer fördert.

Jeff Williamson von der Wake Forest University in Winston-Salem und seine Kollegen haben diesen möglichen Zusammenhang nun genauer erforscht. Sie wollten wissen: Lässt sich durch eine rigorose Blutdrucksenkung das Risiko für leichte kognitive Störungen im Alter senken? Derartige Beeinträchtigungen von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Denkvermögen können das Vorstadium einer Demenz darstellen. Allerdings entwickelt längst nicht jeder Betroffene später die Symptome einer solchen Erkrankung.

Deutlicher Vorteil

Um den Effekt blutdrucksenkender Maßnahmen auf das Gedächtnis zu untersuchten, rekrutierten die Wissenschaftler rund 9.300 Probanden mit Bluthochdruck im Alter von über 50 Jahren. Dabei wurden die Patienten zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt: In der einen Gruppe sollte der systolische Blutdruck auf den als unkritisch geltenden Wert von 140 mmHg gesenkt werden. In der anderen ging die Intervention dagegen noch weiter: Ziel war es, die Blutdruckwerte bei diesen Probanden sogar auf 120 mmHg oder niedriger zu bringen.

Wie würden sich diese unterschiedlichen Therapieansätze auf die Gesundheit der Teilnehmer auswirken? Bereits nach knapp dreieinhalb Jahren zeigte sich ein deutlicher Vorteil der rigoroseren Methode: Probanden aus dieser Gruppe erlitten signifikant seltener lebensbedrohliche Herz-Kreislauf-Zwischenfälle wie Herzinfarkt und auch die allgemeine Sterblichkeit war bei ihnen niedriger. Wegen dieses deutlichen Nachteils für die Probanden aus der anderen Gruppe, wurde die Studie früher abgebrochen als geplant – das Team beobachtete in den folgenden Monaten jedoch weiter, wie sich die Gedächtnisleistung der Probanden entwickelte.

Gedächtnis profitiert

Die Auswertung der Daten nach insgesamt fünf Jahren offenbarte: Auch in Sachen Gedächtnis schien die rigorosere Therapiemethode überlegen zu sein. Wie die Forscher berichten, reduzierte die Senkung des Blutdrucks auf weniger als 120 mmHg das Risiko für leichte kognitive Störungen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant. Auch das Risiko einer Demenzerkrankung war in der so behandelten Gruppe leicht reduziert. „Leider konnten wir hier jedoch keinen statistisch signifikanten Effekt nachweisen“, sagt Williamson.

Wie er und seine Kollegen betonen, könnte dies jedoch mit dem frühzeitigen Abbruch der Studie zusammenhängen – also damit, dass die Probanden über einen kürzeren Zeitraum behandelt wurden als ursprünglich geplant. Ein weiterer Faktor: Insgesamt erkrankten von den Studienteilnehmern unerwartet wenige an einer Demenz. „Auch dies könnte es erschwert haben, den Einfluss der intensiven Blutdruckkontrolle auf Demenzerkrankungen zu bestimmen“, schreibt das Team.

Weitere Forschung geplant

„Die Tatsache, dass wir trotz der verkürzten Studienzeit einen Effekt auf die kognitiven Fähigkeiten nachweisen konnten, macht unsere Ergebnisse vielversprechend“, konstatiert Mitautorin Laurie Ryan. Aus diesem Grund wollen die Wissenschaftler das Zusammenspiel zwischen Blutdruck und Gedächtnis in Zukunft weiter erforschen – und so nach neuen Möglichkeiten für die Demenz-Prävention fahnden. (JAMA, 2019; doi: 10.1001/jama.2018.21442)

Quelle: NIH/ National Institute on Aging

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