Medizin

Schadet Salz unserem Gehirn?

Salzreiche Kost beeinträchtigt bei Mäusen Hirndurchblutung und Gedächtnis

Ein Zuviel an Salz schadet offenbar nicht nur unseren Gefäßen, sondern auch unserem Gehirn. © Art Cook Studio/ iStock.com

Beunruhigender Effekt: Forscher haben eine bisher unbekannte Wirkung von Salz auf unser Gehirn entdeckt. Demnach kann eine zu salzreiche Kost zu messbaren kognitiven Einbußen führen und die Hirndurchblutung verschlechtern, wie Versuche mit Mäusen nahelegen. Das überraschende daran: Dieser Effekt ist unabhängig von Blutdruck oder Gefäßentzündungen. Stattdessen sind von Immunzellen im Darm freigesetzte Botenstoffe entscheidend, wie die Forscher im Fachmagazin Nature Neuroscience“ berichten.

Unser Körper braucht zwar Salz, aber ein Zuviel scheint schädlich zu sein: Studien deuten darauf hin, dass eine zu salzreiche Ernährung zumindest bei einigen Menschen Bluthochdruck, Gefäßentzündungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern kann. Zudem könnte es eine Herzschwäche fördern und möglicherweise sogar die Pubertät verzögern.

Hirndurchblutung verringert

Eine weitere Schadwirkung von zu viel Salz haben nun Giuseppe Faraco von Weill Cornell Medicine in New York und seine Kollegen entdeckt. Sie haben untersucht, wie sich salzreiche Kost auf die Hirndurchblutung und die kognitiven Leistungen von Mäusen auswirkt. Diese bekamen dafür Futter, das vier bis acht Prozent Kochsalz enthielt. „Damit ist diese Diät vergleichbar mit dem, was Menschen mit einer sehr salzreichen Kost zu sich nehmen“, erklären die Forscher.

Das Ergebnis: Schon nach acht Wochen zeigten sich deutliche Veränderungen am Gehirn der Tiere. Ihre gesamte Hirnrinde war um rund 28 Prozent schlechter durchblutet, wie Aufnahmen mittels Magnetresonanz-Tomografie (MRT) ergaben. Der für das Gedächtnis wichtige Hippocampus war ebenfalls betroffen: Hier sank der Blutfluss um 25 Prozent.

Deutliche Gedächtnislücken

Noch besorgniserregender: Auch die geistigen Leistungen der Mäuse hatten unter der salzreichen Kost gelitten, wie zwei verschiedene Gedächtnistests ergaben. Im Gegensatz zu normal gefütterten Kontrollmäusen konnten sie sich nicht mehr erinnern, ob sie ein Objekt schon einmal gesehen hatten oder nicht – sie beäugten jedes so intensiv, als wäre es unbekannt.

Ähnliche Defizite zeigten die Mäuse in einem Labyrinthtest: Sie benötigten trotz vorangegangener dreitägiger Lernphase deutlich länger, um den Ausgang zu finden. „Das deutet auf ein Defizit auch im räumlichen Gedächtnis hin“, erklären die Forscher. Diese Einbußen in den kognitiven Leistungen beobachteten sie sowohl bei jüngeren als auch bei älteren Mäuse.

Molekülstruktur des Botenstoffs Interleukin-17 © gemeinfrei

Ein Immunbotenstoff ist schuld

Was aber ist die Ursache für diese neurologischen Ausfälle? Zunächst vermuteten die Wissenschaftler entzündliche Veränderungen der Hirngefäße – sie können die Durchblutung hemmen und damit auch die Hirnfunktion stören. „Doch in diesem Fall haben wir keinerlei Hinweise auf eine verstärkte Aktivität entzündlicher Enzyme gefunden“, berichten Faraco und seine Kollegen. Auch die Entzündungsgene in den Hirngefäßen wurden nicht verstärkt abgelesen.

Stattdessen entdeckten die Forscher etwas Anderes: Bekamen die Mäuse salzreiche Kost, nahmen in ihrem Darm die sogenannte TH17-Immunzellen zu. Dadurch erhöhte sich die Freisetzung des Botenstoffs Interleukin-17 (IL-17), der mit dem Blut auch ins Gehirn gelangte. Dort beeinträchtigt das Interleukin-17 die Versorgung der Blutgefäße mit Stickstoffmonoxid (NO), einer Verbindung, die für die Erweiterung der Adern und damit die gute Durchblutung des Gehirns sorgt.

Verbindung zwischen Darm und Hirn

„Damit enthüllen unsere Beobachtungen eine bisher unbekannte Verbindung zwischen Darm und Gehirn“, konstatieren Faraco und seine Kollegen. „Durch sie kann salzreiche Kost die Hirngefäße schädigen und dadurch die Hirnfunktion und die kognitiven Leistungen beeinträchtigen – und das unabhängig vom Blutdruck.“

Dieser Effekt könnte auch bei uns Menschen auftreten, vermuten die Forscher. Denn die beteiligten Akteure und Mechanismen existieren auch bei uns, wie erste Zellkulturversuche nahelegen. Selbst für Menschen, bei denen Salz nicht den Blutdruck hochtreibt, könnte es daher ratsam sein, den Salzkonsum einzuschränken. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, nicht mehr als sechs Gramm Salz täglich zu sich zu nehmen.

Kleiner Trost: Die kognitiven Einbußen durch die salzreiche Kost scheinen reversibel zu sein: Bekamen die Mäuse einige Wochen lang wieder die normale, salzarme Kost, verbesserten sich auch ihre Gedächtnisleistungen wieder. (Nature Neuroscience, 2018; doi: 10.1038/s41593-017-0059-z)

(Nature, 16.01.2018 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Salz - Weißes Gold im Zwielicht?

Bücher zum Thema

Im Fokus: Neurowissen - Träumen, Denken, Fühlen - Rätsel Gehirn von Nadja Podbregar und Dieter Lohmann

Zukunft Gehirn - Neue Erkenntnisse, neue Herausforderungen von Peter Gruss und Tobias Bonhoeffer (Herausgeber)

Volkskrankheiten - Gesundheitliche Herausforderungen in der Wohlstandsgesellschaft

Top-Clicks der Woche