Hilfe gegen nächtliche Atemaussetzer: Mehr als die Hälfte aller Patienten mit Schlaf-Apnoe könnten von einer Unterkieferschiene profitieren – und bräuchten nicht unbedingt eine nächtliche Atemmaske, wie eine Studie nahelegt. In ihr haben Forscher untersucht, bei wem das mechanische Hilfsmittel gegen die Blockade der Atemwege hilft. Demnach profitieren vor allem Patienten mit einem schwachen Rachen- und Aufwachreflex sowie einem mittelstarken Zusammenfallen der Atemwege.
Rund drei Prozent der Frauen und bis zu sieben Prozent der Männer leiden unter einer Schlaf-Apnoe: Sie schnarchen stark und erleben dabei immer wieder Atemaussetzer. Ursache ist meist eine Blockade der Atemwege durch die im Schlaf übermäßig erschlafften Muskeln der oberen Atemwege. Als Folge durchlebt der Körper immer wieder kurzzeitige Erstickungsanfälle, die das Herz-Kreislaufsystem belasten und das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall stark erhöhen. Besonders häufig betroffen sind Menschen mit Übergewicht.
Atemmaske und Unterkieferschiene
Behandelt wird die Schlaf-Apnoe meist mit einer speziellen Atemmaske. Diese CPAP-Maske wird im Schlaf aufgesetzt und bläst ständig Luft in Nase und Mund. Dadurch wird ein leichter Überdruck in den Atemwegen erzeugt, der ihren Kollaps verhindern soll. Das Problem jedoch: Viele Patienten können mit der Maske nicht schlafen oder kommen mit dem ständigen Gegendruck beim Ausatmen nicht gut zurecht.
Eine Alternative dazu ist die Unterkieferprotrusionsschiene. Sie schiebt den Unterkiefer leicht nach vorne und verhindert so das zu starke Zurückfallen des Rachens. Doch wie effektiv wirkt diese Schiene gegen die Blockade der Atemwege – und wem nützt sie? „Die Schlaf-Apnoe ist nicht bei allen gleich, aber erst seit kurzem haben wir die Möglichkeit festzustellen, was genau bei einem Patienten die Atemaussetzer hervorruft“, erklärt Scott Sands von der Harvard Medical School in Boston.
Wem hilft die Schiene?
Für ihre Studie untersuchten die Forscher 93 Patienten mit mittlerer bis schwerer Schlaf-Apnoe auf fünf Schlüsselmerkmale hin. Dazu gehörten die Reflexreaktion der Atemwegsmuskeln, die Kollapsibilität der Atemwege, aber auch neuronale Faktoren wie die Reaktionsschwelle des Körpers auf Sauerstoffmangel, der Weckreflex und die durch die Aussetzer ausgelöste Intensivierung der Atemtätigkeit. Im Schlaflabor testeten die Wissenschaftler dann, wie gut die Patienten auf die Unterkieferschiene ansprachen.
Das Ergebnis: Bei immerhin 61 Prozent der Teilnehmer bewirkte die Unterkieferschiene eine signifikante Besserung der Schlaf-Apnoe. Sie erlebten eine 73-prozentige Reduktion im Apnoe-Hypopnoe-Index, einem Wert, der die Häufigkeit der Atemaussetzer angibt. „Überraschenderweise schien es dabei keine Rolle zu spielen, ob die Schlaf-Apnoe schwer oder mittelgradig war“, sagt Sands. „Die Schiene war selbst bei einigen Patienten mit starkem Übergewicht und schwerer Apnoe bemerkenswert effektiv.“
Muskelreflex und Stärke der Erschlaffung entscheidend
Was aber bestimmt, bei wem die Unterkieferschiene wirkt? Wie sich zeigte, profitierten die Patienten am meisten, bei denen die Atemwege nur mittelstark kollabierten und die über einen eher schwachen Reflex der Rachenmuskeln verfügten. Außerdem erwies es sich als vorteilhaft, wenn der Weckreflex und die „Not-Reaktion“ von Gehirn und Lunge schwächer ausgeprägt waren, wie die Forscher berichten. Eine geringere Rolle spielte dagegen die Schwere der Schlaf-Apnoe – die Schiene verringerte die Atemaussetzer selbst bei Patienten mit hohem Index.
Nach Ansicht von Sands und seinem Team eignet sich die Unterkieferschiene daher durchaus als zusätzliches Hilfsmittel oder als Alternative, wenn die Atemmaske nicht vertragen wird. „Bei den Patienten, die mit der CPCP-Maske nicht klarkommen, kann es vorteilhaft sein, die Merkmale der Schlaf-Apnoe genauer zu ermitteln“, sagt Sands. Denn dann könne man besser einschätzen, ob eine Unterkieferschiene eine geeignete Alternative sein könnte. (Annals of the American Thoracic Society, 2019)
Quelle: American Thoracic Society