Überraschend sensibel: Trotz noch geschlossener Augen könnte der Fötus im Mutterleib mehr sehen als gedacht. Denn bestimmte Zellen in der sich entwickelnden Netzhaut registrieren nicht nur, ob Licht da ist oder nicht. Sie nehmen sogar schon unterschiedliche Lichtintensitäten wahr und sind komplex miteinander vernetzt, wie Experimente mit Mäusebabys nahelegen. Damit könnten diese Zellen eine wichtigere Rolle für die Entwicklung von Auge und Gehirn spielen als bislang angenommen.
Was bekommen ungeborene Babys im Mutterleib von der Außenwelt mit? Tatsächlich erstaunlich viel: Wie Mediziner inzwischen wissen, entwickeln sich vor allem der Geschmack und das Gehör des Fötus schon sehr früh. Etwa ab dem sechsten Monat beginnt dann auch der Sehsinn des Ungeborenen aktiv zu werden. Zwar sind seine Augen zu diesem Zeitpunkt noch geschlossen, doch durch die Lider hindurch nimmt der Fötus bereits Licht wahr.
Verantwortlich für diese Fähigkeit sind bestimmte Ganglienzellen in der sich entwickelnden Netzhaut. Diese lichtempfindlichen Zellen stehen mit unterschiedlichen Bereichen des Gehirns in Verbindung und fungieren beim Fötus wie An-Aus-Schalter: Sie können anzeigen, ob Licht einfällt oder nicht. Auf diese Weise helfen sie zum Beispiel dabei, beim Ungeborenen einen Tag-Nacht-Rhythmus zu etablieren.
Sehen mit geschlossenen Augen
In letzter Zeit mehren sich jedoch die Hinweise darauf, dass diese Ganglienzellen mehr Informationen über den Lichteinfall registrieren als angenommen und möglicherweise sogar untereinander kommunizieren. Um mehr darüber herauszufinden, haben Franklin Caval-Holme und Marla Feller von der University of California in Berkeley nun die sechs bekannten Subtypen dieser Zellen bei neugeborenen Mäusen untersucht. Die Nager sind kurz nach der Geburt noch fast blind und ihre Augen geschlossen – ähnlich wie beim Fötus nach dem zweiten Trimester.