Medizin

Sind Erdnuss-Allergien heilbar?

Eine Hyposensibilisierung könnte dauerhaft gegen die allergischen Reaktionen helfen

Allergisch gegen Erdnüsse? Eine Hyposensibilisierung könnte das Problem womöglich lösen. © Andrey Volodov/ freeimages

Nicht nur bei Heuschnupfen wirksam: Eine Hyposensibilisierung könnte auch bei Erdnuss-Allergien helfen. Eine Langzeitstudie mit allergischen Kindern zeigt: Mithilfe einer oral verabreichten Immuntherapie lässt sich die Allergie bei vielen Patienten erfolgreich unterdrücken – und zwar dauerhaft. So war ein Großteil der Kinder auch vier Jahre nach Therapieende noch allergiefrei. Bestätigen sich die Ergebnisse in weiteren Untersuchungen, könnte die lästige Nahrungsallergie künftig heilbar sein.

Zwischen einem und drei Prozent aller Kinder in Westeuropa und den USA sind heute gegen Erdnüsse allergisch – doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren. Warum Allergien wie diese zunehmen, ist bisher unklar. Diskutiert werden ernährungsbedingte Veränderungen der Darmflora, der Einfluss von Antibiotika und Umweltfaktoren wie Feinstaub oder Weichmacher.

Gewöhnung an Allergene

Während man Allergenen wie Pollen und Hausstaubmilben nur schwer aus dem Weg gehen kann, lässt sich der Kontakt zu allergieauslösenden Nahrungsmitteln relativ leicht vermeiden. Unter anderem aus diesem Grund gehört die Hyposensibilisierung bei solchen Allergien bisher nicht zur routinemäßigen Behandlung und wurde auch in der Forschung lange Zeit nicht näher untersucht.

Inzwischen mehren sich jedoch die Hinweise darauf, dass das Verfahren bei Nahrungsmittelallergien ebenso erfolgsversprechend sein könnte wie bei der Behandlung von Heuschnupfen und Co. So zeigen Studien, dass das Immunsystem etwa an in Erdnüssen enthaltene Allergene gewöhnt werden kann. Auf diese Weise kann der Kontakt mit den Nüssen einer Allergie nicht nur vorbeugen, sondern offenbar auch bei einer bereits entwickelten Allergie helfen. Unklar war bislang allerdings, ob dieser Effekt langfristig wirkt.

Immuntherapie im Test

Genau das haben nun Wissenschaftler um Mimi Tang von der University of Melbourne in Australien untersucht. Für ihre Studie verabreichten sie 31 Kindern mit Erdnuss-Allergie über einen Zeitraum von 18 Monaten eine orale Immuntherapie gegen Erdnussallergene. Außerdem erhielten die zwischen ein und zehn Jahre alten Probanden sogenannte Probiotika. Diese Milchsäurebakterien sollen die natürliche Darmflora unterstützen und die Toleranzentwicklung fördern. Zum Vergleich erhielten 31 weitere allergische Kinder lediglich ein Scheinmedikament.

Um den Erfolg der Therapie zu überprüfen, begleiteten die Forscher die teilnehmenden Kinder vier Jahre lang weiter. Im Laufe dieser Zeit wurden der Konsum von Erdnüssen sowie mögliche unerwünschte Reaktionen anhand von Fragebögen dokumentiert. Zusätzlich überprüfte das Team den Therapieerfolg mittels Pricktest und der Bestimmung spezifischer Antikörper. Bei einem Teil der Probanden führten die Wissenschaftler zudem einen oralen Provokationstest durch, nachdem diese zuvor acht Wochen lang vollständig auf Erdnüsse verzichtet hatten.

Langfristige Erfolge

Das Ergebnis: Schon wenige Wochen nach der Therapie zeichnete sich ein Erfolg ab. Anders als bei Kindern, die lediglich das Placebo geschluckt hatten, gelang es bei einem Großteil der anderen Patienten, allergische Reaktionen zu unterdrücken. Doch würde dieser Effekt von Dauer sein? Bei der Langzeit-Auswertung nach vier Jahren, die noch bei jeweils 24 Kindern aus beiden Gruppen durchgeführt werden konnte, zeigte sich: 16 Kinder aus der Therapiegruppe waren offenbar allergiefrei geblieben – das sind 67 Prozent. In der Placebo-Gruppe war die Allergie dagegen nur bei einem Kind verschwunden.

Beim Provokationstest ergab sich ein ähnliches Bild: Sieben von zwölf Probanden, die hyposensibilisiert worden waren, zeigten keine Reaktion beim plötzlichen Kontakt mit den Erdnussallergenen. In der Kontrollgruppe reagierte lediglich eines von fünfzehn Kindern nicht.

„Wichtiger Fortschritt“

Trotz der vergleichsweise kleinen Patientenzahl und weiteren Einschränkungen der Studie deuten Experten die Ergebnisse als erfolgversprechend: „Sie weisen erstmals darauf hin, dass die spezifische orale Immuntherapie in Kombination mit Probiotika allergische Reaktionen auch längerfristig nach Therapieende wirksam unterdrücken kann“, heißt es in einer Mitteilung des Allergieinformationsdienstes. Dies sei ein wichtiger Fortschritt im Hinblick auf das Ziel, bei Nahrungsmittelallergien eine immunologische Toleranz zu erzeugen. (The Lancet Child & Adolescent Health, 2017; doi: 10.1016/S2352-4642(17)30041-X)

(Allergieinformationsdienst, 30.08.2017 – DAL)

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