Verblüffend simpel: Schon ein kleiner Stromreiz am Ohr könnte helfen, einer typischen Alterserscheinung entgegenzuwirken, wie eine Pilotstudie nahelegt. Denn der kitzelnde Strom reizt einen im Ohr verlaufenden Zweig des Vagusnervs und gleicht so eine alterstypische Disbalance im vegetativen Nervensystem aus. Das wiederum trägt dazu bei, den Blutdruck zu senken, das Herz zu stabilisieren und erhöht auch das allgemeine Wohlbefinden.
Wenn wir älter werden, verändert sich nicht nur unser Körper – auch die Balance in unserem vegetativen Nervensystem verschiebt sich. Der für Regeneration, aber auch viele Organfunktionen wichtige Parasympathicus-Zweig wird schwächer, dafür erlangt der anregende, für Flucht und Kampfreaktionen zuständige Sympathicus-Zweig die Oberhand. Diese Disbalance macht uns im Alter unter anderem anfälliger für Bluthochdruck, Stressfolgen, Organschäden und Herzprobleme.
Nervenportal in der Ohrmuschel
Doch wie lässt sich dieses Ungleichgewicht wieder normalisieren? Eine ungewöhnliche Antwort darauf könnten nun Beatrice Bretherton von der University of Leeds und ihre Kollegen gefunden haben. Denn wie sie herausfanden, lässt sich der schwächelnde Parasympathicus mithilfe sanfter Stromreize aktivieren – und dies ohne aufwändige Elektrodenkappen oder implantierte Geräte.
Den entscheidender Zugang zum vegetativen Nervensystem bietet dabei unser Ohr: „Das Ohr ist wie ein Tor, durch das wir ohne Medikamente oder invasive Prozeduren die metabolische Balance unseres Körpers beeinflussen können“, erklärt Bretherton. Denn in der Ohrmuschel endet ein Zweig des Vagusnervs, des Nervs, über den der Parasympathicus weite Teile unserer Organfunktion steuert.