Zelltod in der Darmschleimhaut: Forscher haben erstmals live beobachtet, wie das Virus SARS-CoV-2 den menschlichen Darm befällt – und welche Zellen der Erreger dort zerstört. Demnach trifft die Infektion vor allem die Enterozyten und damit den häufigsten und wichtigsten Typ von Schleimhautzellen der Darmwand, wie die Experimente mit Darm-Organoiden enthüllten. Dies erklärt, warum rund ein Drittel der Covid-19-Patienten unter Durchfällen leiden.
Schon länger zeigen Beobachtungen an Patienten mit Covid-19, dass das Coronavirus nicht nur Atemwege und Lunge befällt, sondern auch andere Organe angreift. So kann der Erreger den Herzmuskel schädigen, er befällt Nerven und Gehirn und bringt die Blutgerinnung durcheinander. Als Folge erleiden viele Covid-Patienten Thrombosen und Embolien. Rund ein Drittel aller Betroffenen leidet zudem unter Durchfall und Übelkeit, was nahelegt, dass das Coronavirus auch Zellen des Verdauungstrakts befallen kann.
Menschliche Minidärme als Testobjekte
Doch bisher war unklar, wie und wo das Coronavirus im Darm ansetzt und welche Zellen von ihm angegriffen werden. Das haben nun Mart Lamers vom Erasmus Medical Center in Rotterdam und seine Kollegen mithilfe von Dünndarm-Organoiden untersucht. Dabei handelt es sich um im Labor aus Stammzellen gezüchtete Miniversionen des Darms. „Die Organoide des menschlichen Dünndarms enthalten alle Zelltypen der echten Darmschleimhaut“, erklären die Forscher „Das macht sie zu einem geeigneten Modell, um die Infektion des Darms durch SARS-CoV-2 zu untersuchen.“
Für ihr Experiment erzeugten die Forscher zunächst verschiedenen Version en der Darm-Organoide: Je nach Kulturbedingung hatten einige besonders viele ACE2-Rezeptoren auf der Oberfläche der Darmzellen, andere weniger. Von diesen Proteinen ist bekannt, dass sie dem Coronavirus als Andockstelle und „Türöffner“ in die Zellen dienen. Im eigentlichen Versuch infizierten die Wissenschaftler dann alle Darmmodelle mit SARS-CoV-2.