Chemie

Sonnencremes: Vorsicht bei Mischungen

Mischung mineralischer und chemischer UV-Filter verringert Schutzwirkung und erhöht Toxizität

Sonnencreme
Rein chemische oder rein mineralische Sonnencremes sind unbedenklich und schützen auch nach einer Weile noch. Anders sieht dies aber bei Mischungen aus, oder wenn man Sonnencreme auf bereits mit Kosmetika oder Pflegeprodukten bwhandelte Haut aufträgt. © zoranm/ Getty images

Giftige Mischung: Einige Sonnencremes könnten weniger gut vor der UV-Strahlung schützen als es gängige Tests nahelegen – und sogar schädlich sein, wie eine Studie enthüllt. Denn mischt man chemische UV-Filter mit mineralischen Partikeln wie Zinkoxid, lässt die Schutzwirkung bei Sonnenbestrahlung rapide nach. Zudem führte die Mischung bei aufwachsenden Zebrafischen zu Fehlbildungen. Vorsicht könnte demnach bei Hybrid-Sonnencremes geboten sein, sowie bei der Mischung von chemischen UVB-Filtern mit Kosmetika auf der Haut.

Zurzeit sind zwei Arten von Sonnencremes auf dem Markt verbreitet. Das sind einerseits solche, die organische Verbindungen als chemische UV-Filter nutzen und andererseits Cremes mit mineralischen UV-Absorbern wie Titandioxid oder Zinkoxid. Beide Varianten sind wegen ihrer möglichen Umwelt- und Gesundheitseffekte nicht unumstritten. So zeigen einige organische UV-Filter hormonähnliche Wirkungen und schaden der Spermienfunktion. Anorganische Sonnencremes können Nanopartikel und Schwermetalle in Badegewässer schwemmen.

Doch wie sich nun zeigt, kann die Kombination beider Filterprinzipien noch ernsthaftere Nebenwirkungen hervorrufen. „Die Sicherheit und Schutzwirkung von Sonnencremes wird bisher meist basierend auf den Eigenschaften der einzelnen Inhaltsstoffe bewertet“, erklären Aurora Ginzburg von der University of Oregon und ihre Kollegen. „Aber die Stabilität dieser Schutzmittel bei Sonnenbestrahlung ist auch hochgradig von der Mischung der Chemikalien abhängig.“

Stabilität und Toxizität im Blick

Um herauszufinden, wie gängige Sonnenschutzmittel in dieser Hinsicht abschneiden, haben Ginzburg und ihr Team sich ersten Schritt in Europa und den USA handelsübliche chemische Sonnencremes und deren Wirkstoffe angeschaut. Aus diesen haben sie fünf Mixturen mit einem Lichtschutzfaktor von 15 hergestellt. Im Labor überprüften sie die Mischungen auf ihre Fähigkeit, UV-A-Strahlung zu absorbieren– erst im Grundzustand, dann nochmal nachdem sie zwei Stunden lang Sonnenlicht ausgesetzt waren.

Das Ergebnis: Die auf chemischen UV-Filtern basierenden Mischungen schützten nach der Bestrahlung knapp 15 Prozent schlechter vor UV-A als zu Beginn des Experiments. „Dies deutet darauf hin, dass die kommerziell erhältlichen chemischen Sonnencremes so zusammengesetzt sind, dass sie nur minimale Photodegradation zeigen“, erklären die Forscher. Selbst nach einem ausgiebigen Sonnenbad nimmt die Schutzwirkung dieser Sonnenschutzmittel demnach nur wenig ab.

Anorganische Beimischung verringert Photostabilität

Im zweiten Schritt testeten Ginzburg und ihr Team, ob dies auch so bleibt, wenn den chemischen UV-Filtern eine mineralische Komponente wie Zinkoxid beigemischt wird – wie es beispielsweise in chemisch-mineralischen Hybridsonnencremes vorkommt oder beim Auftragen von Sonnenmilch auf Kosmetika oder Deo. Getestet wurden sowohl Zinkoxid-Mikropartikel, die 200 bis 1000 Nanometer groß sind, als auch Nanopartikel mit einer Durchschnittsgröße von 85 Nanometern.

Die Tests der Hybridmischungen ergaben: Nach zwei Stunden im Sonnenlicht hatten sie zwischen 84 und 91 Prozent ihrer Schutzwirkung verloren. „Das Zinkoxid hat die organische Mischung degradieren lassen und dadurch den mehr als 80-prozentifgen Verlust der Filterwirkung gegen UV-A-Strahlung bewirkt – dies ist die Strahlung, die 95 Prozent der UV-Strahlung auf die Erde treffenden UV-Strahlung ausmacht“, sagt Ginzburgs Kollegin Claudia Santillan.

Erhöhte Toxizität

In einer weiteren Untersuchung testete das Team die Sonnencreme-Mischungen auf ihre Toxizität. Dafür gaben sie diese jeweils in einem Verhältnis von 1:99 in Wasser und zogen darin Zebrafische auf. Zebrafische sind bei Modelluntersuchungen sehr beliebt, weil sie keinen hohen Anspruch an ihren Lebensraum haben, sich schnell entwickeln und trotzdem eine hohe genetische Ähnlichkeit mit Säugetieren aufweisen.

Das Ergebnis hierbei: Die rein chemischen Sonnencremes erwiesen sich als kaum toxisch. Doch durch die chemisch-mineralische Mischung wurden die aufwachsenden Zebrafische erheblich beeinträchtigt. Besonders die Schwanzflossen wiesen starke Fehlbildungen auf, wie die Forschenden berichten. Wurde die Mixtur vorher Sonnenlicht ausgesetzt verstärkte sich dieser Effekt nochmals. Die Fische zeigten dann an fast allen Körperteilen deutliche Missbildungen.

„Das deutet darauf hin, dass Zinkoxid zu Abbauprodukten führt, die einen umweltschädlichen Einfluss auf Gewässerökosysteme haben,“ sagt Robyn Tanguay von der Oregon State University. Die Einzelbestandteile hatten im Test keinen besonderen Einfluss auf die Entwicklung der Zierfische.

Egal, ob Nano oder Mikro

Die schädlichste Mischung war eine Sonnencreme aus Zinkoxid-Nanopartikeln und herkömmlichen chemischen UV-Filtern, doch auch die größeren Partikel zeigen einen toxischen Effekt. „Uns haben die Ergebnisse nicht so sehr schockiert, aber sie überraschen sicherlich einige Konsumenten, die sich von „frei von Nanopartikeln“-Aufklebern auf mineralischen Sonnencremes in die Irre führen lassen und denken, sie sind sicher, nur weil keine Kleinstpartikel vorkommen“ sagt Tanguay. „Wichtiger als die Größe sind die Kristallstruktur und die Oberflächenbeschaffenheit der Metalle.“

Die Forscher betonen jedoch, dass sie keine exakten Sonnencreme-Mischungen, wie sie im Handel zu finden sind nachbauen konnten. Dazu fehlten ihnen Informationen wie die genauen Mischverhältnisse und Zusätze wie Parfum. Außerdem können auch Umwelteinflüsse des täglichen Gebrauchs die Stabilität der Formel unter Realbedingungen beeinflussen.

„Wir empfehlen immer noch den grundsätzlichen Gebrauch von Sonnencreme, die Verbraucher sollten aber vorsichtig sein, wenn sie mit Zinkoxid gemischt wird,“ sagt Richard Blackburn von der University of Leeds in England. „Egal ob dies absichtlich durch die Verwendung von Hybrid-Sonnencremes oder unabsichtlich durch eine Kombination aus Sonnencreme und anderen Produkten, die Zinkoxid beinhalten, passiert.“(Photochemial and Photobiological Sciences, 2021; doi: 10.1007/s43630-021-00101-2)

Quelle: Springer Nature, Oregon State University

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