Spermien-Test per App: Mit einem Handyaufsatz und zugehöriger App könnten Männer bald selbst ihre Fruchtbarkeit testen. Forscher haben dazu ein Gerät zur Probenvorbereitung und -analyse entwickelt, welches sich einfach mit dem Smartphone verbinden und ohne Fachkenntnisse bedienen lässt. Die Zuverlässigkeit der Testergebnisse soll nach Angaben der Forscher bei 98 Prozent liegen.
Über 45 Millionen Paare weltweit sind von Unfruchtbarkeit betroffen. In rund 40 Prozent der Fälle liegt dies nach Schätzung von Reproduktionsmedizinern an zu wenigen, zu unbeweglichen oder fehlgebildeten Spermien des Mannes. Eine solche mangelnde Spermienqualität kann zum Beispiel durch das Rauchen, eine Pestizidbelastung oder sogar Zusätze in Sonnencremes auftreten.
Bisher jedoch kann die Diagnose männlicher Unfruchtbarkeit teuer sein und viele scheuen den unangenehmen Gang in die Klinik. Mit einem preisgünstigen „Mini-Labor“ für zu Hause, welches mit der Rechenleistung und Kamera eines Smartphones betrieben wird, wollen Hadi Shafiee vom Brigham and Women’s Hospital in Boston und seine Kollegen nun eine unkomplizierte Diagnosemöglichkeit für den Privatgebrauch etablieren.
Einwegpipette, Linse und App
Die Forscher entwickelten für ihren Spermientest ein benutzerfreundliches Equipment, welches sich mit einem handelsüblichen Smartphone verbinden lässt. Für die Präparation der Spermienprobe steht eine flache Einweg-Plastikpipette mit integrierter Probenkammer bereit. Mit Hilfe eines eingebauten Saugballs kann die Spermienprobe in die Probenkammer aufgezogen werden.
Die Probe wird dann in eine Halterung gespannt, auf die das Handy mit der Kamera gelegt wird. Dank einer Linse in der Halterung wird die Probe vergrößert und einzelne Spermien können mittels normaler Videofunktion des Handys als kleine Pünktchen aufgenommen werden. Eine spezielle App analysiert die Videos und bewertet die Bewegung und Konzentration der Spermien. Eine ebenfalls integrierte Miniatur-Waage erlaubt zudem eine Abschätzung der absoluten Spermienanzahl in der Probe.
Hohe Trefferquote
„Unser Test ist preisgünstig, quantitativ, sehr präzise und kann ein Video einer unverdünnten, ungewaschenen Spermien-Probe in weniger als fünf Sekunden analysieren,“ berichtet Shafiee. Die App nutzt zur Bewertung der Spermienqualität Richtwerte der WHO. Nach diesen liegt eine bedenkliche Qualität vor, wenn die Spermien-Konzentration unter als 15 Millionen Spermien pro Milliliter liegt und die relative Beweglichkeit geringer als 40 Prozent ist.
Tatsächlich verliefen erste Tests des neuen Verfahrens vielversprechend. Bei der Untersuchung von 350 Spermien-Proben konnten nach Angaben der Forscher Auffälligkeiten mit bis zu 98-prozentiger Genauigkeit identifiziert werden. Bei den Tests ließen die Entwickler die eine Hälfte der Proben durch ausgebildete Mitarbeiter, die andere Hälfte durch Laien mit dem neuen Gerät analysieren. Die Ergebnisse beider Gruppen waren nahezu identisch. Dies zeige, dass keine spezielle Ausbildung zur Nutzung der neuen Technik nötig sei, so die Wissenschaftler.
Vielversprechender Prototyp
Zurzeit befindet sich das Gerät noch in der Testphase. Die bisherigen Ergebnisse der Prototypen sind aber äußerst vielversprechend, wie die Forscher betonen. Neben einer komfortablen Diagnosemöglichkeit für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch ließe sich mit dem Testverfahren auch der Erfolg einer durchgeführten Vasektomie bequem zu Hause überprüfen.
Auch für Tierzüchter ergebe sich eine attraktive Möglichkeit, kostengünstig die Erfolgsaussichten für eine Nachzucht zu bewerten, schreiben die Entwickler. Sollte dieses Spermien-Testset auf den Markt kommen, wäre es in jedem Falle deutlich günstiger als herkömmliche Diagnoseverfahren: Die Materialkosten sind mit unter einem US-Dollar für die Einwegpipette, und kaum vier US-Dollar für die wiederverwertbare Halterung mit optischer Linse sehr gering.
In Zukunft wollen die Wissenschaftler ihre Technik um Einsatzmöglichkeiten zur Blut und Speichelanalyse erweitern. „Wir waren wirklich in der Lage, ein Produkt zu erschaffen, was vielen Menschen nutzen wird,“ sagt Shafiee. (Science Translational Medicine, 2017; doi: 10.1126/scitranslmed.aai7863)
(Brigham and Women’s Hospital, 24.03.2017 – CLU)