Fitness für die grauen Zellen: Regelmäßiger Ausdauersport hilft nicht nur dem Körper, sondern auch dem Gehirn – und das schon in mittlerem Alter, wie eine Studie belegt. Ein halbes Jahr aerobes Training verbesserte die höheren Denkfähigkeiten und das Arbeitsgedächtnis von Teilnehmern aller Altersstufen messbar. Gleichzeitig nahm auch die Dicke der grauen Hirnsubstanz zu, wie die Forscher im Fachmagazin „Neurology“ berichten.
Bewegung ist gesund – das ist inzwischen hinlänglich bekannt. Wer Sport macht, der beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Übergewicht, Asthma und verlängert sein Leben. Diese positiven Effekte zeigen sich auch bei denjenigen, die nur am Wochenende Zeit für den Sport finden – und selbst in höherem Alter lohnt sich ein Anfangen noch, wie Studien belegen. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, weil regelmäßiges Training dem geistigen Abbau und sogar Alzheimer entgegenwirken kann.
Trainieren für die Wissenschaft
Aber bringt der Sport auch schon das Gehirn von jüngeren Menschen in Schwung? Diese Frage war bisher ungeklärt, wie die meisten Studien zur neuronalen Wirkung von Bewegung bei Älteren stattfanden. Jetzt hat ein Team um Yaakov Stern von der Columbia University in New York diese Effekte auch bei Jüngeren untersucht. An ihrer Studie nahmen 132 zuvor unsportliche Menschen im Alter von 20 bis 65 Jahren teil, die nun viermal in der Woche in ein Fitnessstudio geschickt wurden.
Die Hälfte der Teilnehmer machte ein halbes Jahr lang regelmäßig ruhige Dehnungs- und Kräftigungsübungen, die andere Hälfte absolvierte ein aerobes Ausdauertraining – je nach Geschmack auf dem Fitnessfahrrad, dem Laufband oder einem Crosstrainer. Alle Probanden wurden zu Beginn der Studie auf ihre geistigen Fähigkeiten hin getestet und ihr Gehirn im Hirnscanner vermessen. Nach einem halben Jahr untersuchten die Wissenschaftler die geistige und körperliche Fitness aller Probanden erneut.
Höhere Denkfunktionen verbessert
Das Ergebnis: Die Teilnehmer der aeroben Sportgruppe waren hinterher nicht nur körperlich fitter, auch ihre geistigen Leistungen hatten sich verbessert. Sie schnitten vor allem in den sogenannten exekutiven Funktionen besser ab als die Dehnungsgruppe. Diese Funktionen umfassen viele höhere Denkleistungen, darunter die Selbstkontrolle, die Aufmerksamkeit, das Arbeitsgedächtnis, aber auch die Fähigkeit zum strategischen Planen und zur Entscheidung.
Die Ausdauersportler verbesserten ihre exekutiven Leistungen im Schnitt um 0,5 Punkte und damit doppelt so viel wie die Teilnehmer der Stretching-Gruppe. Diese Verbesserungen zeigten sich auch schon bei den jüngeren Probanden, wen auch in etwa geringerem Maße als bei den Über-60-Jährigen. „Die 40-Jährigen, die trainierten, waren geistig dadurch rund zehn Jahre jünger“, berichtet Stern. „Bei den Über-60-Jährigen entsprach der Effekt einer Verjüngung um 20 Jahre.“
Positiver Effekt vor allem ab 30
Der positive Effekt des Sports zeigte sich auch am Gehirn der aerob trainierenden Teilnehmer: „Wir fanden bei diesen Probanden nicht nur Verbesserungen in den exekutiven Hirnfunktionen, sondern auch eine vermehrte Dicke in einem Areal der Hirnrinde“, berichtet Stern. Die graue Materie im linken frontalen Cortex hatte unabhängig von Alter der Teilnehmer durch den Sport zugenommen.
Nach Ansicht der Wissenschaftler belegen ihre Ergebnisse, dass regelmäßiger Sport in allen Altersstufen zur geistigen Fitness beiträgt. Besonders wichtig könnte die Bewegung für Erwachsene ab 30 Jahren sein, denn ab dann nehmen von Natur aus die geistigen Leistungen ab. „“Aerobes Training kann diesen Abbau verlangsamen oder sogar verhindern – in fast jedem Alter“, sagt Stern. (Neurology, 2019)
American Academy of Neurology