Biologie

Sport verschiebt die innere Uhr

Training zur richtigen Zeit könnte gegen Jetlag und bei Schichtarbeit helfen

Sport
Sport zur rechten Zeit kann sich positiv auf unseren innernen Rhythmus auswirken. © Pavel, Narith/ iStock.com

Das Timing ist entscheidend: Sport kann offenbar unsere innere Uhr verstellen – je nach Zeitpunkt des Trainings entweder nach vorne oder zurück, wie ein Experiment mit gut 100 Probanden nahelegt. Demnach verschiebt Sport am Morgen und am frühen Nachmittag den inneren Rhythmus eher nach vorn, während Training am Abend die innere Uhr nachgehen lässt. Dadurch könnte gezielter Sport vielleicht bei Jetlag und Schichtarbeit helfen.

Eine Vielzahl von Prozessen in unserem Körper werden vom Rhythmus unserer inneren Uhr beeinflusst. Die Spanne reicht von der Ausschüttung bestimmter Hormone wie dem Müdemacher Melatonin, über die Arbeit der inneren Organe, die Wundheilung bis hin zur Verarbeitung von Sinnesreizen und unserer Stimmung. Entsprechend problematisch ist es, wenn diese fein abgestimmten Rhythmen aus dem Takt geraten, beispielsweise durch Jetlag oder Schichtarbeit.

Training für die innere Uhr

Doch gegen den Jetlag und eine verstellte innere Uhr könnte ein ganz einfaches Mittel helfen: Sport. Dabei jedoch kommt es auf das Wann an, wie Shawn Youngstedt von der Arizona State University und sein Team herausgefunden haben. An ihrer Studie nahmen 48 jüngere und 53 ältere Männer und Frauen teil.

Um die normalen äußeren Tag-Nacht-Signalgeber auszuschalten, lebten alle Teilnehmer fünf Tage lang in einem künstlichen Ultrakurz-Rhythmus: Auf 60 Minuten Wachsein folgte eine 30-minütige Ruhephase. Nach einem Tag der Eingewöhnung bestimmten die Forscher den individuellen Takt der inneren Uhr bei allen Probanden. Dafür analysierten sie alle 90 Minuten eine Urinprobe auf den Gehalt des Schlafhormons Melatonin hin.

Nun folgte der eigentliche Versuch: Jeder Proband trainierte drei Tage lang täglich eine Stunde auf einem Laufband oder Crosstrainer. Jedem Teilnehmer teilten die Forscher dabei eine von acht über den Tag und die Nacht verteilten Trainingszeiten zu. Dadurch konnten sie gezielt vergleichen, welchen Effekt Sport am Morgen, Mittag oder Abend auf die innere Uhr hat.

Taktgeber verstellt

Das Ergebnis: Wenn Sport zur richtigen Tageszeit stattfindet, kann er die innere Uhr verstellen. Trainiert man morgens früh um sieben Uhr oder nachmittags zwischen 13 und 16 Uhr, verschiebt dies den internen Rhythmus nach vorne. Im Experiment ging die innere Uhr der Teilnehmer dadurch um rund 90 Minuten vor.

Anders dagegen, wenn man abends zwischen 19:00 und 22:00 Uhr Sport macht: Dies lässt die innere Uhr eher nachgehen. Bei den Probanden verschob sich dadurch der Höhepunkt der Melatonin-Ausschüttung um rund zwei Stunden nach hinten. Gar keine Veränderungen im internen Rhythmus gab es wiederum, wenn die Teilnehmer nachts zwischen eins und vier oder vormittags um zehn Uhr trainierten, wie die Forscher berichten.

Hilfe bei Jetlag und Schichtarbeit?

„Dies ist die erste Studie, die die Wirkung des Sports auf die innere Uhr im Detail vergleicht“, sagt Youngstedt. „Wir haben damit klar gezeigt, wann das Training die Uhr vorstellt und wann es sie nachgehen lässt.“ Noch ist allerdings nicht klar, wie stark sich diese Effekte in Anwesenheit der normalen äußeren Taktgeber manifestieren. Doch die Bewegung zur rechten Zeit könnte möglicherweise deren Wirkung verstärken – und so die innere Uhr synchronisieren.

Damit könnte Sport ein ganz praktisches Hilfsmittel gegen Jetlag und die negativen Folgen der Schichtarbeit sein. Das Training zur jeweils passenden Zeit kann dann dazu beitragen, unsere innere Uhr wieder in den richtigen Takt zu bringen. „Zudem gibt es Hinweise darauf, dass regelmäßiger Sport auch die Synchronisierung der Muskeln und anderer peripherer Organuhren fördert“, erklären die Forscher.

Die Wissenschaftler vermuten zudem, dass sich die Wirkung des Sports auf die innere Uhr sogar noch verstärken lässt – beispielsweise durch helles Licht während des Trainings oder noch intensivere Übungen. In Tierversuchen habe sich dies schon gezeigt, so Youngstedt und seine Kollegen. (The Journal of Physiology, 2019; doi: 10.1113/JP276943)

The Physiological Society

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