Verblüffender Effekt: Über schwache Stromreize am Ohr lässt sich offenbar die Verdauung beeinflussen. Denn der Strom reizt einen dort verlaufenden Ast des Vagusnervs und beeinflusst auf diese Weise die Aktivität des Magens, wie eine Studie nahelegt. Demnach könnte über diese mit dem Hirnstamm verbundene Nervenbahn die Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin gefördert werden – als Folge wird dann die Verdauung gebremst. Diese Erkenntnisse liefern womöglich auch neue Ansätze für die Therapie von Essstörungen.
Der Vagusnerv ist eine große Nervenbahn, die von der Basis des Gehirns bis in den Magen-Darm-Trakt verläuft. Als größter Nerv des Parasympathikus ist er an der Regulation der Tätigkeit fast aller inneren Organe beteiligt. Er bildet dabei eine wichtige Kommunikationsachse zwischen Körper und Gehirn und beeinflusst unter anderem Dinge wie die Verdauung und unser Sättigungsgefühl. Sogar auf unsere Psyche kann sich der Vagusnerv auswirken.
Von der Stimulation dieser Nervenbahn erhoffen sich Mediziner daher zahlreiche Effekte: Sie wollen über den Vagusnerv zum Beispiel die Stimmung depressiver Patienten verbessern oder altersbedingte Ungleichgewichte im vegetativen Nervensystem ausgleichen. Der Clou: Dies ist ohne aufwändige Elektrodenkappen oder implantierte Geräte möglich. Denn der Vagusnerv lässt sich bereits durch einen geringen Stromfluss am Ohr anregen.
Magenbewegung im Blick
Mithilfe dieses elektrischen „Ohrenkitzelns“ haben Vanessa Teckentrup von der Universität Tübingen und ihre Kollegen nun versucht, die Aktivität des Magens zu beeinflussen. Dabei stimulierten sie einen Ast des Vagusnervs, der bis in den Hirnstamm führt. Für die Studie wurden 22 gesunde Erwachsene entweder Stromreizen ausgesetzt oder sie erhielten nur scheinbar eine Hirnstimulation.