Gegen kahle Köpfe: Forscher haben einen neuen Behandlungsansatz gegen Haarausfall identifiziert: Stromreize. Ein auf dem Haupt tragbares Mini-Gerät soll dabei elektrische Impulse an die Kopfhaut senden und inaktive Haarfollikel zu neuer Funktion anregen. In ersten Tests mit Nagern hat diese Form der Therapie bereits Wirkung gezeigt. Sie muss nun allerdings noch die Bewährungsprobe auf den Köpfen menschlicher Betroffener bestehen.
Das gefürchtete Phänomen betrifft vor allem Männer: Mit zunehmendem Alter lichten sich die Kopfhaare, es bilden sich immer mehr kahle Stellen und schließlich droht eine Glatze. Bekannt ist, dass für diesen Haarverlust unter anderem die Gene und eine Überempfindlichkeit der Haarwurzel für das Geschlechtshormon Testosteron eine Rolle spielen. Doch was lässt sich dagegen tun? Bisherige Behandlungsansätze gegen kahle Köpfe reichen von der Lichttherapie bis hin zu diversen Arzneistoffen. Die meisten der auf dem Markt verfügbaren Mittel wirken allerdings nur bedingt.
Elektrische Stimulation
Auf der Suche nach einem neuen Ansatz haben sich Forscher um Guang Yao von der University of Wisconsin in Madison nun dem Effekt von Stromreizen gewidmet. „Die elektrische Stimulation kann viele unterschiedliche Körperfunktionen fördern“, erklärt Yaos Kollege Xudong Wang. So werden elektrische Felder unter anderem bereits für die gezielte Stimulierung von Hirnbereichen oder die Anregung des Muskelwachstums eingesetzt.
Das Wissenschaftlerteam fragte sich daher: Könnte ein ähnlicher Ansatz auch dabei helfen, Haarfollikel im Schlummerzustand zu reaktivieren? Diese die Haarwurzel umgebenden Strukturen dienen zur Verankerung der Haare in der Haut und sind für das Haarwachstum von entscheidender Bedeutung. Bei Männern mit Alopezie produzieren sie oft nur noch extrem kleine, dünne Härchen oder stellen die Haarproduktion ganz ein.
Versteckt unterm Hut
Um Follikel zu neuer Aktivität anzuregen, entwickelten die Forscher ein Gerät, das elektrische Impulse im Niedrigfrequenzbereich auf die Kopfhaut überträgt. Das Besondere: Der dafür nötige Strom wird mithilfe spezieller Nanogeneratoren aus den normalen Bewegungen des Trägers erzeugt. Dieser kann den Follikel-Stimulator einfach unter einem Hut oder einer Kappe verstecken und muss keine auffällige Batterie mit sich herumtragen.
Was aber bringt diese Form der Haarausfall-Therapie? Erste Versuche mit Ratten und Mäusen legten nahe, dass die Stromreize Wirkung zeigen: So hatten behandelte Nager eine höhere Dichte aktiver Follikel auf ihrem Kopf und ihre Haare erreichten eine größere Länge. Die Therapie war dabei ebenso effektiv oder sogar wirksamer als mit konventionellen Medikamenten, wie die Wissenschaftler berichten.
Bald Tests mit Menschen
Ein weiterer Vorteil: Während pharmakologische Mittel gegen Haarausfall schwere Nebenwirkungen wie sexuelle Funktionsstörungen oder Depressionen haben können, scheint die Anregung des Haarwachstums mittels Stromreizen keine unerwünschten Effekte zu verursachen – die Impulse dringen dem Team zufolge nur in die äußersten Schichten des Schädels vor.
Yao und seine Kollegen haben sich ihr Konzept bereits patentieren lassen und hoffen, bald Tests mit menschlichen Patienten durchführen zu können. Bestätigen klinische Studien den Nutzen der Elektrostimulation, könnte sie in Zukunft in frühen Stadien des Haarausfalls zum Einsatz kommen – und Patienten so vielleicht vor der gefürchteten Glatze bewahren. (ACS Nano, 2019; doi: 10.1021/acsnano.9b03912)
Quelle: University of Wisconsin-Madison