Medizin

Tätowieren bringt Schwermetalle in die Haut

Nickel und Chrom aus dem Abrieb der Nadeln im Gewebe nachgewiesen

Tätowierung
Beim Tätowieren gelangen auch Schwermetalle in Haut und Lymphknoten - aus der Nadel. © draganab/ iStock.com

Abgeschürfte Partikel: Beim Tätowieren können Metallpartikel von der Nadel bis tief ins Gewebe gelangen, wie nun eine Studie enthüllt. Dabei wiesen die Forscher Schwermetalle wie Nickel und Chrom in der Haut und sogar in Lymphknoten nach. Diese Metallpartikel entstehen offenbar durch Abrieb von der Tätowiernadel – vor allem dann, wenn Titandioxid-haltige Tinte verwendet wird. Mögliche Folgen dieser Metall-Kontamination könnten allergische Reaktionen sein.

Vom Arschgeweih bis zur echten Körperkunst – schon die alten Ägypter und der Gletschermann „Ötzi“ wussten Tätowierungen zu schätzen. Und auch heute liegen Tattoos wieder im Trend. Zwischen acht und 24 Prozent der Bevölkerung tragen in Europa und den USA Farbe in der Haut. Auch in Deutschland ist fast jeder Zehnte tätowiert.

Allergieauslösende Metalle

Vergessen wird beim Hype um die Tattoos allerdings oft, dass diese auch ein Risiko bedeuten. So wird beim Stechen die intakte Haut verletzt und damit ein Einfallstor für Bakterien und andere Erreger geschaffen. Außerdem können sich im Laufe der Zeit kleinste Partikel der Farben aus den Tätowierungen lösen. Sie wandern dann durch den Organismus und reichern sich unter anderem in den Lymphknoten an – mit unklaren Folgen.

Eine weitere Nebenwirkung der Körperbemalung: Sie löst häufig Allergien aus. Bislang gingen Forscher davon aus, dass für diese Reaktionen vor allem mit Schwermetallen verunreinigte Farbpigmente wie Eisenoxid verantwortlich sind. Doch es gibt noch eine weitere Quelle dieser potenziellen Allergene, wie sich nun zeigt: die Tätowiernadeln.

Nadeln enthalten Nickel und Chrom

„Obwohl Tätowiernadeln große Mengen sensibilisierender Elemente wie Nickel und Chrom enthalten, wurde ihr Einfluss auf die Metallabscheidung in der Haut bislang noch nicht untersucht“, erklären Ines Schreiver vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und ihre Kollegen. Um dies zu ändern, analysierten die Wissenschaftler Haut- und Lymphknotenproben von tätowierten Personen mithilfe der Nanoröntgenfluoreszenz.

Tatsächlich offenbarten die Ergebnisse: Sowohl in der Haut als auch in den Lymphknoten der tätowierten Probanden fanden sich mikro- und nanometergroße Metallteilchen. Diese Partikel bestanden vorwiegend aus einer Mischung von Nickel, Chrom und Eisen. Letzteres weckte bei den Forschern den Verdacht, dass diese Metalle nicht aus den Tattoo-Pigmenten, sondern von der Tätowiernadel stammen könnten. Denn typischerweise bestehen diese Nadeln aus Stahl mit einem Anteil von sechs bis acht Prozent Nickel und 15 bis 20 Prozent Chrom.

Nachweislich abgeschürft

Experimente an Schweinehaut bestätigten diesen Verdacht: Nutzten die Forscher ein Tätowiermittel mit dem Weißpigment Titandioxid (TiO2), lagerten sich durch den Tätowiervorgang nickel- und chromhaltige Partikel in der Haut ab. Außerdem zeigten sich an der Nadel deutliche Abriebspuren. Weil die Tinte selbst keine Metalle enthielt und somit als Quelle ausgeschlossen werden konnte, war klar: „Die Metallpartikel werden durch puren mechanischen Stress von der Nadel in die Haut eingebracht“, berichtet das Team.

Bei der gleichen Prozedur mit schwarzer Tinte auf Kohlenstoffbasis war der Effekt dagegen nicht in dieser Form nachweisbar. Schreiver und ihre Kollegen erklären dies damit, dass TiO2-Tinte dafür bekannt ist, abschleifende Eigenschaften aufzuweisen. Anders als die Kohlenstofftinte kann sie dadurch die Abschürfung von Metallteilchen fördern.

Nadelpartikel in entzündeter Haut

Zumindest bei der Verwendung von Titandioxid-haltiger Tinte können demnach Schwermetalle von der Nadel in die Haut und von dort in den Rest des Körpers gelangen. Doch besteht auch ein Zusammenhang mit Allergien? Dies überprüften die Wissenschaftler mit Proben eines tätowierten Patienten, der eine Allergie gegen sein Tattoo entwickelt hatte und Tests zufolge vor allem auf Nickel reagierte.

Das Ergebnis: In der entzündeten Haut befanden sich nicht nur Eisenoxidpigmente, sondern auch abgeschürfte Stahlpartikel von Tattoonadeln. „Die Haut dieses Patienten enthält zwei potenzielle Nickelquellen: Nadelabrieb mit hohen Nickelkonzentrationen und Eisenoxidpigmente mit eher niedrigem Nickelgehalt“, berichten die Forscher.

Weitere Forschung nötig

„Die in unserer Studie präsentierten Indizien werfen die Frage auf, ob Metallabrieb von Tätowiernadeln – ähnlich wie Eisenoxidpigmente – eine Rolle bei allergischen Reaktionen auf Tattoos spielen könnte“, resümiert Schreivers Team. Weitere Untersuchungen müssten nun zeigen, wie genau abgeschliffene Nadelpartikel im Zusammenhang mit Hautallergien zu bewerten seien. (Particle and Fibre Toxicology, 2019; doi: 10.1186/s12989-019-0317-1)

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung

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