Medizin

Therapie für unbehandelbare AMD in Sicht?

Enzymmangel könnte beide Varianten der altersbedingten Makuladegeneration fördern

Makuladegeneration
Die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD, ist eine der häufigsten Ursachen für eine Erblindung bei älteren Menschen. © Ralf Roletschek / CC-by-sa 3.0

Forscher haben möglicherweise einen gemeinsamen Auslöser für beide bekannten Formen der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) entdeckt. Demnach führt der Verlust eines Enzyms sowohl zu Symptomen der feuchten als auch der trockenen Krankheitsvariante – zumindest bei Mäusen. Eine Gentherapie könnte die Produktion dieses fehlenden Enzyms wiederherstellen und so erstmals auch die trockene AMD behandelbar machen, wie das Team berichtet.

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine der häufigsten Ursachen für eine Erblindung bei älteren Menschen. Diese Netzhauterkrankung kommt in zwei Formen vor: Bei der trockenen Variante sterben Pigmentzellen in der Netzhaut nach und nach ab. Bei der feuchten Form wachsen Blutgefäße in die Netzhaut ein und zerstören so das zentrale Sehen.

Während das Fortschreiten der feuchten Form durch spezielle Wirkstoffe zumindest gebremst werden kann, gibt es für die trockene Variante der AMD bisher kein Therapiemittel. Doch Forscher um Charles Wright von der University of Kentucky in Lexington haben nun eine Entdeckung gemacht, die das in Zukunft ändern könnte.

Enzymverlust als gemeinsame Ursache?

Bei ihren Experimenten stellten die Wissenschaftler fest, dass der Verlust eines bestimmten Enzyms die Symptome beider AMD-Formen zu fördern scheint. Dieses Enzym namens Dicer spielt in der Zelle eine wichtige Rolle für den Schutz vor Viren, reguliert aber auch die zelleigene Genexpression. Konkret zeigte sich im Versuch: Bei Mäusen, denen das Dicer-Enzym fehlte, kam es sowohl zu einem übermäßigen Wachstum von Blutgefäßen im Auge, als auch zur spontanen Degeneration von Pigmentzellen.

„Diese Beobachtung untermauert die Theorie, dass der feuchten und der trockenen AMD ähnliche Mechanismen zugrunde liegen könnten“, konstatiert Mitautor Bradley Gelfand von der University of Virginia in Charlottesville. Dies könnte ihm zufolge auch erklären, warum es Patienten gibt, die im einen Auge unter trockener AMD und im anderen unter der feuchten Krankheitsform leiden.

Behandlung mittels Gentherapie

Wie die Forscher vermuten, wird bei betroffenen Patienten mit zunehmendem Alter zu wenig oder gar kein Dicer mehr in den Zellen exprimiert – und als Folge kommt es zum Netzhautleiden. Wie lässt sich das verhindern? Wright und seine Kollegen testeten ein Verfahren, das für die Behandlung der feuchten AMD und anderer Augenkrankheiten bereits mit vielversprechenden Ergebnissen beim Menschen erprobt wird: die Gentherapie.

Mithilfe eines Adeno-assoziierten Virus als Fähre schleusten sie eine veränderte Dicer-Sequenz in menschliche Retina-Zellen und in die Netzhaut erkrankter Mäuse ein. Dadurch sollte die Produktion dieses Enzyms im Auge wieder angekurbelt werden. Tatsächlich hatte diese Behandlung bei den Nagern einen messbaren Effekt und die Krankheitssymptomatik ging zurück.

Eine Therapie für beide?

Ob ein ähnlicher Ansatz auch bei Menschen mit altersbedingter Makuladegeneration Wirkung zeigt, steht den Forschern zufolge zwar noch in den Sternen. Sollten sich die Ergebnisse aber bestätigen, könnte eine solche Gentherapie womöglich beide Formen der AMD aufhalten – damit gäbe es dann erstmals auch eine Behandlungsoption für die trockene Krankheitsvariante.

Auch Patienten mit feuchter AMD könnte eine Gentherapie das Leben erheblich erleichtern, wie das Team erklärt. Denn bei der bisher gängigen Behandlung bekommen sie alle paar Wochen ein Mittel ins Auge injiziert – eine nicht ganz risikofreie sowie unangenehme und lästige Prozedur. „Eine Gentherapie würde länger wirken und die Zahl der nötigen Arztbesuche deutlich reduzieren“, sagt Gelfand.

„Noch nicht die finale Lösung“

Bis es soweit ist, müssen die Forscher die bisher nur unzulänglich verstandenen Mechanismen hinter beiden AMD-Formen jedoch noch genauer entschlüsseln. „Wir haben noch nicht die finale Lösung für das Problem, aber jetzt hoffentlich einen großen Schritt auf dem Weg dorthin gemacht“, schließt Gelfand. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2020; doi: 10.1073/pnas.1909761117)

Quelle: University of Virginia Health System

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