Gefährliche Gerinnsel: Transfusionen mit Fremdblut können womöglich das Risiko für postoperative Venenthrombosen erhöhen. Eine Studie zeigt: Bekamen Patienten im Zuge einer Operation rote Blutkörperchen transfundiert, erlitten sie nach dem Eingriff häufiger Thrombosen und Lungenembolien als andere Operierte. Bestätigen weitere Untersuchungen diesen Zusammenhang, könnte dies Auswirkung auf die OP-Praxis haben, wie die Forscher berichten.
Ob nach einem schweren Unfall oder einer großen Operation: Bluttransfusionen können Leben retten. Trotzdem sind mit dieser Maßnahme immer auch Risiken verbunden. So kann das Fremdblut beim Empfänger beispielsweise zu einer Immunreaktion führen und gefährliche Komplikationen auslösen.
Studien deuten etwa darauf hin, dass Patienten, die im Zuge eines chirurgischen Eingriffs Blut transfundiert bekommen, in der Folge häufiger Krankenhausinfektionen erleiden. Auch ein Zusammenhang mit Thrombosen wird diskutiert. Solche Blutgerinnsel sind oft der Grund für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Treten sie in den Beinvenen auf, droht eine Lungenembolie.
Verstopfte Venen
Ob Bluttransfusionen tatsächlich das Risiko für eine solche Komplikation erhöhen können, haben nun Wissenschaftler um Ruchika Goel vom New York Presbyterian Hospital untersucht. Für ihre Studie werteten sie die Daten von 750.937 Patienten aus, die im Jahr 2014 operiert worden waren. 47.410 der Probanden hatten vor während oder nach der Operation mindestens eine Erythrozytentransfusion erhalten.
Insgesamt entwickelten 6.309 der Patienten innerhalb der ersten 30 Tage nach dem Eingriff eine sogenannte venöse Thromboembolie – unter diesem Begriff fassen Mediziner die im Vergleich zur oberflächlichen Thrombose deutlich gefährlichere tiefe Beinvenenthrombose und ihre häufigste Folge, die Lungenembolie, zusammen. Doch wen traf es genau?
Auch die Dosis macht einen Unterschied
Die Auswertung zeigte: Bei mit Fremdblut behandelten Patienten kam es signifikant häufiger zu dieser Komplikation als bei den anderen Operierten. Dies galt auch dann noch, nachdem die Forscher den Einfluss weiterer Faktoren wie Geschlecht, Körpergewicht, Vorerkrankungen und Dauer des Krankenhausaufenthalts herausgerechnet hatten.
Außerdem offenbarten die Daten einen Zusammenhang mit der Anzahl der erhaltenen Transfusionen: Je häufiger den Patienten rote Blutkörperchen verabreicht worden waren, desto größer war das Risiko für eine venöse Thromboembolie. „Diese Ergebnisse legen nahe, dass Erythrozytentransfusionen ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung postoperativer Embolien sein könnten“, schreibt Goels Team.
Fremdblut als Risikoverstärker
Wie sie berichten, ist das Risiko für eine solche Komplikation schon allein durch die Operation selbst erhöht. Denn der Eingriff versetzt den Körper in einen entzündungsfördernden Zustand, was durch Narkosemittel noch verstärkt werden kann. „Transfusionen potenzieren diesen Effekt womöglich“, so die Wissenschaftler. Ob sich diese Zusammenhänge bestätigen lassen, müssen in Zukunft weitere Studien zeigen.
Erhärtet sich der Verdacht, müssen Mediziner den Einsatz von Transfusionen künftig womöglich stärker einschränken. Schon jetzt gibt es Möglichkeiten, Blutkonserven während schwerer Operationen einzusparen: Zum Beispiel durch die Gabe des blutbildenden Hormons EPO oder anderen Stoffen, die die Blutwerte vor der Operation verbessern – oder durch sogenannte Cell Saver. Diese Blutreinigungsgeräte waschen das verlorene Blut des Patienten während der OP und führen es ihm dann direkt wieder zu. (JAMA Surgery, 2018; doi: 10.1001/jamasurg.2018.1565)
(JAMA Surgery, 14.06.2018 – DAL)