Innovative Tumorerkennung: Japanische Forscher haben einen Schnelltest entwickelt, der Brustkrebs an der Tränenflüssigkeit erkennen kann. Der Test reagiert auf Zellbestandteile, die von den Krebszellen abgegeben werden und mit dem Blut auch ins Auge gelangen. Nach Angaben der Wissenschaftler könnte der Test zur Früherkennung eingesetzt werden, aber auch, um Rückfälle nach einer Krebstherapie zu erkennen.
Je früher ein Krebstumor entdeckt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Bei Brustkrebs ist bislang die Mammografie der Standard in der Früherkennung, doch gerade bei jüngeren Frauen können Tumore damit leicht übersehen werden. Umgekehrt kommen aber auch falschpositive Ergebnisse häufiger vor. Deshalb suchen Forscher schon länger nach alternativen Testverfahren für diese und andere Krebsarten – unter anderem in Form von Bluttests oder Atemanalysen.
Ausgeschleuste Zellbestandteile als Krebsmarker
Eine weitere Variante stellen nun Toshifumi Takeuchi von der Universität Kobe und seine Kollegen vor. Sie haben eine Schnelltest entwickelt, der in der Tränenflüssigkeit nach bestimmten Bestandteilen von Brustkrebszellen sucht. Dabei handelt es sich um sogenannte Exosomen, kleine von den betroffenen Zellen abgeschnürte Vesikel, die mit dem Blut im Körper verbreitet werden.
Der Clou dabei: Die Exosomen enthalten Proteine und Erbgut-Fragmente in Form von RNA, die verraten, von welchen Zellen sie stammen. Denn die genetische Sequenz der RNA-Schnipsel kann Teile von Krebsgenen und andere Indikatoren der Entartung beinhalten. „Diese kleinen extrazellulären Vesikel sind daher verlässliche Biomarker für eine frühe Krebserkennung“, erklären Takeuchi und seine Kollegen. Weil auch Tränenflüssigkeit solche Exosomen enthalte, könne man sie auch ohne Blutprobe nachweisen.
Exosom-Nachweis mittels Antikörpern
Konkret besteht der neue Krebs-Schnelltest aus einer kleinen Glasplatte und einem stiftförmigen Analysegerät. Die Testplatte trägt viele nur rund 100 Nanometer kleine Senken, deren Oberfläche mit Antikörpern und einem fluoreszierenden Indikatormolekül beschichtet ist. Die Antikörper sind so gewählt, dass sie nur an bestimmte Exosom-Komponenten von Brustkrebszellen binden.
Gibt man nun einen Flüssigkeitstropfen auf den Testchip, reagieren die Antikörper auf die Präsenz der Exosomen, sofern passende vorhanden sind. Dies wiederum löst eine Reaktion des Fluoreszenzmarkers aus. Wenn nun das Glasplättchen in die Analyseeinheit geschoben wird, bestrahlt diese das Ganze mit Licht einer bestimmten Wellenlänge und regt so die gebundenen Fluoreszenzmarker zum Leuchten an.
Auf diese Weise kann der Test innerhalb von nur zehn Minuten feststellen, ob Krebszell-Bestandteile in der Tränenflüssigkeit vorhanden sind. Nach Angaben der Forscher reicht seine Sensitivität aus, um 50 Exosomen in 100 Mikrolitern Flüssigkeit zu erkennen. „Das ist rund 1.000 Mal besser als bei kommerziellen Immuno-Assays“, so Takeuchi und sein Team.
Praxistest mit Brustkrebs-Patientinnen
Doch wie gut ist dieser „TearExo“ getaufte Brustkrebstest in der Praxis? Das haben die Forscher mit Tränenproben von Brustkrebs-Patientinnen und gesunden Kontrollteilnehmerinnen untersucht. Das Ergebnis: „Der Test unterschied klar zwischen Tränen gesunder Spenderinnen und denen der Brustkrebspatientinnen!“, berichten Takeuchi und seine Kollegen. „Damit haben wir zum ersten Mal erfolgreich Tränen genutzt, um extrazelluläre Vesikel von Krebszellen nachzuweisen.“
Zusätzlich konnte der Tränen-Schnelltest auch unterscheiden, ob der Tumor bei einer Brustkrebspatientin noch vorhanden war oder ob er bereits durch eine Brust-OP beseitigt worden war. Das ermöglicht es nach Angaben der Forscher auch, diesen Test zur Nachkontrolle einzusetzen – um beispielsweise zu kontrollieren, ob der Krebs zurückgekehrt ist.
Auch für andere Krebsarten geeignet
Nach Ansicht der Wissenschaftler demonstrieren diese ersten Tests, dass sich auch Tränen zur Früherkennung von Krebs eignen. Ihr Testverfahren könnte dabei eine schnelle und einfache Diagnose ermöglichen – für Brustkrebs, aber auch für andere Krebsarten: „Unsere Nanotestverfahren kann leicht an die spezifische Erkennung anderer Tumorarten angepasst werden, indem man die Antikörper austauscht“, erklären Takeuchi und seine Kollegen.
Als nächsten Schritt planen die Forscher eine klinische Studie ihres Schnelltests in größerem Umfang, um die Spezifität und Sensitivität des Tests genauer einzugrenzen. Im Verlauf des nächsten Jahres will das Team zudem ein Unternehmen gründen, mit dem es ihren Tränentest dann marktreif macht. Ebenfalls bis nächstes Jahr wollen die Wissenschaftler den Test zur Zulassung bei der japanischen Arzneimittelbehörde einreichen. (Journal of the American Chemical Society, 2020; doi: 10.1021/jacs.9b13874)
Quelle: Kobe University