Mithilfe eines „Trojanischen Pferdes“ wurde ein viel versprechender neuer Ansatz in der Krebstherapie gefunden: Forschern der Universität Wien ist es gelungen, einen als Eisentransportprotein „getarnten“ Wirkstoffkomplex in Krebszellen einzuschleusen. Doch statt des Eisens, das der Tumor für sein Wachstum dringend benötigt, gelangen antitumoral wirkende Substanzen in die Zelle, die daraufhin abstirbt.
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„Die Entwicklung von neuen, Krebs hemmenden Substanzen ist die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen“, beschreibt Dr. Bernhard Keppler von der Universität Wien seine Aufgabe. Mit der Methode des „Trojanischen Pferdes“ hat Keppler jedoch einen neuen Ansatz in der Krebstherapie gefunden und die ersten klinischen Studien bereits abgeschlossen. „Die Verträglichkeit ist gut und es gibt nur wenige Nebenwirkungen, auch weil der Einsatz der Wirkstoffe zielorientiert an der kranken Zelle erfolgt, während gesundes Gewebe unversehrt bleibt. Bei einigen PatientInnen konnte eine Stabilisierung des Tumorwachstums und damit des Krankheitsverlaufs erreicht werden“, erklärt der Chemiker und Arzt.
Doch nicht nur das Eisentransportprotein Transferrin, das versteckt Anti-Krebs-Wirkstoffe in Tumorzellen transportiert, steht im Mittelpunkt der Forschungstätigkeit von Bernhard Keppler. Der zweite Wirkstoff, der ebenfalls bereits im Krankenhaus bei PatientInnen erprobt wird, zeigt erste Anzeichen von Wirksamkeit am Nierenzellkarzinom. Er inhibiert einen Prozess, bei dem – vereinfacht ausgedrückt – RNA in DNA umgewandelt wird, sodass die Erbinformation des Tumors verändert werden kann.
Problem: Resistenzen
Daneben gibt es eine Reihe von präklinischen Projekten, bei denen am Institut Versuche an menschlichen Tumorzellen gemacht werden. Bei diesen Forschungsarbeiten steht das Resistenzproblem im Mittelpunkt. „Das Problem bei jeder Chemotherapie besteht darin, dass die Krebszellen allmählich lernen, sich gegen das Therapeutikum zu wehren. Wenn der Tumor aber gegen den Wirkstoff resistent wird, kann er ungehindert weiter wachsen“, beschreibt Bernhard Keppler das Dilemma. Deswegen ist er jenen Verbindungen auf der Spur, die Tumorzellen, die im Lauf der Behandlung schon resistent geworden sind, wieder sensibel machen können. Bisher funktioniert diese Strategie nur in der Zellkultur, und auch der genaue Wirkmechanismus ist noch weit gehend unbekannt. „Wenn wir soweit kommen, dass diese Methode auch beim Menschen eingesetzt werden kann, wäre das ein großer Fortschritt für die Behandlung von Krebs“, meint Keppler.
Er selbst hat zusammen mit seiner Arbeitsgruppe in den letzten 20 Jahren etwa 100 verschiedene synthetische Verbindungen pro Jahr hergestellt und sie aufgrund von Arbeitshypothesen auf ihre Wirksamkeit überprüft. Im Moment sind zwei seiner Entwicklungen in der Phase I der klinischen Studien, das heißt sie durchlaufen den so genannten „proof of principle“ direkt am kranken Menschen. Dieses Krebsforschungsprojekt wird gemeinsam mit Forschern des Instituts für Krebsforschung (Univ.-Prof. Dr. Walter Berger, Univ.-Prof. Dr. Michael Micksche) und der Klinischen Abteilung für Onkologie (Univ.-Prof. Dr. Christoph Zielinski) an der Medizinischen Universität Wien betrieben und von der Forschungsförderungsgesellschaft mit einem drei Millionen-Euro-Projekt unterstützt.
(idw – Universität Wien, 13.10.2006 – AHE)