Viele Diäten scheitern an zu hohen Erwartungen. Mediziner raten ihren Patienten deshalb gar nicht erst, innerhalb kurzer Zeit möglichst viel abzunehmen. Stattdessen sollten Übergewichtige versuchen, ihr Körpergewicht wenigstens zu halten. Das hat jetzt Martin Halle, Medizin-Professor an der Technischen Universität München auf einer Fortbildungsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in Wiesbaden betont Angesichts des zunehmenden Übergewichts in der Bevölkerung wäre allein dies schon ein Erfolg.
{1l}
Eine Adipositas liegt vor, wenn der Body Mass Index (BMI) – Körpergröße in Zentimeter geteilt durch das Quadrat des Körpergewichts in Kilogramm (kg/m²) – auf einen Wert von 30 oder mehr gestiegen ist. Ein Problem besteht laut Halle in den unterschiedlichen Zielen von Ärzten und Übergewichtigen: „Der Patient möchte schlank werden, während der Arzt eine Senkung des Herzkreislaufrisikos im Blick hat.“
Vermehrte körperliche Bewegung und Sport sind nach Angaben des Sportmediziners eine wirksame Methode, um Herzinfarkt und Schlaganfall zu vermeiden. Auch wenn der Patient dabei gar nicht abnehme. „Häufig kommt es zu einer Verschiebung von Fettgewebe zu mehr Muskulatur“, so der Wissenschaftler. Aus ärztlicher Sicht sei bereits dies sinnvoll.
Patienten, denen es extrem schwer fällt Sport zu machen, wünschen häufig ihr krankhaftes Übergewicht mit Tabletten in den Griff zu bekommen. Doch auch hier entsprechen die Erwartungen oft nicht der Realität. „Eine medikamentöse Senkung des Körpergewichts um mehr als zehn Kilogramm ist gegenwärtig nicht in Sicht“, sagte Privatdozent Dr. Andreas Hamann in Wiesbaden. Diese Zahl entspreche oft sogar noch dem unteren Bereich der von vielen Betroffenen erwarteten Gewichtsreduktion. Mit den zurzeit zugelassenen Mitteln werde im Durchschnitt eine Gewichtsabnahme um weniger als fünf Kilogramm erreicht. Der Spezialist aus der Diabetes-Klinik Bad Nauheim wies darauf hin, dass Patienten die Medikamente selber bezahlen müssen.
Außerdem dürfen Ärzte diese erst bei krankhaftem Übergewicht – BMI über 30 kg/m² – verordnen, beziehungsweise ab einem BMI von 27, wenn weitere Risikofaktoren vorliegen. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und Senioren über 65 Jahre sollten die Medikamente gar nicht einnehmen. Der Mediziner stellte überdies klar, dass die Präparate niemals ein Ersatz für Sport und Diät sind: „Die Einnahme ist nur sinnvoll, wenn sie von einer Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie begleitet wird“, so Hamann.
(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 11.07.2005 – NPo)