Aus dem Koma geweckt: Forscher haben erstmals einen Komapatienten per Ultraschall sozusagen „wachgerüttelt“. Sie beschallten dafür gezielt den Thalamus im Gehirn des Patienten mit mehreren kurzen Ultraschallpulsen. Mit Erfolg: Schon am nächsten Tag besserte sich der Zustand des Mannes, drei Tage später war er wieder bei vollem Bewusstsein. Ob diese Methode auch anderen hilft, müssen nun weitere Tests zeigen.
Ob ein Komapatient wieder erwacht und wie gut sich seine Hirnfunktionen wieder regenerieren, lässt meist nicht vorhersagen. Zwar bieten in Hirnscans sichtbare Hirnschäden einen Anhaltspunkt, oft genug aber tappen Ärzte im Dunkeln. Selbst bei Wachkoma-Patienten ist es meist schwer zu ermitteln, wie viel Bewusstsein der Betroffenen noch besitzt.
Ultraschall-Pulse zum Thalamus
Martin Monti von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen haben nun eine völlig neue Methode ausprobiert, um Menschen aus dem Koma zu holen und ihre Regeneration zu beschleunigen. Sie wendeten sie erstmals bei einem 25-Jährigen an, der im Wachkoma lag und nur über minimales Bewusstsein verfügte.
Für die Behandlung legten die Forscher einen scheibenförmigen Ultraschall-Sender seitlich an den Kopf des Patienten. Über diesen schickten sie gezielte, aber schwache Ultraschall-Pulse direkt in den Thalamus des Mannes – die Hirnregion im Zwischenhirn, die als „Tor zum Bewusstsein“ gilt. Diese Schaltzentrale vermittelt zwischen Reizen von außen oder aus anderen Hirnregionen und den Zentren des Bewusstseins in der Großhirnrinde.
„Starthilfe“ für Gehirnzellen
Die Behandlung war nur zehn Minuten und zehn Pulse lang – doch sie zeigte verblüffend deutliche Wirkung: Bereits am Tag danach hatten sich die Reaktionen des Patienten auf Reize messbar verbessert. Drei Tage später hatte er sein volles Bewusstsein wiedererlangt, verstand Sprache und konnte mit der Außenwelt kommunizieren, indem er den Kopf schüttelte oder nickte.
„Die Veränderungen waren bemerkenswert“, sagt Monti. „Es ist fast so, als hätten wir seinen Gehirnzellen Starthilfe gegeben und sie wachgerüttelt.“ Denn normalerweise bleibt die Aktivität des Thalamus beim langsamen Erwachen aus dem Koma noch lange beeinträchtigt. Allein mit Medikamenten oder Übungen lässt sich dies jedoch kaum beheben.
„Der einzige Weg war bisher eine riskante chirurgische Prozedur, bei der Elektroden direkt neben den Thalamus eingepflanzt werden“, sagt Monti. „Unser Ansatz zielt ebenfalls direkt auf den Thalamus, ist aber nicht invasiv.“
Tests mit weiteren Patienten sollen folgen
Ob die Ultraschall-Methode generell bei Komapatienten hilft, oder ob dieser Pilot-Patient nur besonders großes Glück hatte, müssen nun weitere Studien zeigen. Unklar ist auch, ob der Ansatz auch bei Patienten in tiefem Koma hilft oder nur bei denjenigen, die noch Reste minimalen Bewusstseins zeigen. Noch in diesem Herbst werden die Forscher mit Tests bei weiteren Komapatienten beginnen, wie sie berichten.
Sollte sich das Verfahren bewähren, dann sehen sie darin einen vielversprechenden Weg, die Regeneration von Komapatienten zu verbessern und zu beschleunigen. Möglicherweise, so spekulieren sie, könnte man dann den Ultraschall-Emitter in einer Art Helm einbauen. Dieser wird dann den Patienten zur Behandlung einfach aufgesetzt. (Brain Stimulation, 2016; doi: 10.1016/j.brs.2016.07.008)
(University of California – Los Angeles, 26.08.2016 – NPO)