Nur teilweise Entwarnung: Ein Labortest hat gezeigt, dass die meisten Plastik-Beißringe für Babys sicher sind und keine schädlichen Umwelthormone freisetzen. Vorsicht ist dennoch angebracht, mahnen deutsche Forscher, denn zwei der zehn getesteten Produkte enthielten hormonähnliche Chemikalien. Plastikspielzeuge sollten darum besser kontrolliert werden, fordern die Wissenschaftler im „Journal of Applied Toxicology“.
Schadstoffe, die im Körper wie Hormone wirken, erregen immer wieder Aufmerksamkeit: Der zu den Umwelthormonne oder sogenannten endokrinen Disruptoren gehörende Weichmacher Bisphenol A könnte mit Autismus und Übergewicht zusammenhängen. Stoffe aus der Klasse der polychlorierten Biphenyle (PCB) stören offenbar die Entwicklung und das Verhalten.
Hormone vom Kauen auf Beißringen?
Diese schädliche Wirkung der Umwelthormone betrifft vor allem Säuglinge und Kleinkinder: Deren Entwicklung unterliegt einer fein austarierten Kontrolle durch körpereigene Hormone. Schadstoffe können dieses Gleichgewicht schnell durcheinander bringen. Wegen des vergleichsweise geringen Körpergewichts haben bei Säuglingen außerdem viel kleinere Mengen hormonähnlich wirkenden Substanzen als bei Erwachsen einen Effekt. In Babyflaschen ist Bisphenol A darum bereits seit einigen Jahren verboten.
Eine andere mögliche Quelle für solche Umwelthormone haben Martin Wagner von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und seine Kollegen nun untersucht: Beißringe aus Plastik, auf denen zahnende Babys zur Schmerzlinderung herumkauen. Sie könnten ein besonderes Risiko darstellen. Da die Babys solche Ringe im Mund halten und einspeicheln, könnten sie eventuell freigesetzte Schadstoffe schnell und in großer Menge schlucken.
„Normalerweise nicht in Plastikspielzeugen“
Die Laboranalyse von zehn verschiedenen Beißringen bringt jedoch glücklicherweise zum größten Teil Entwarnung: „Die gute Nachricht ist, dass die meisten Beißringe, die wir untersucht haben, keine Umwelthormone enthalten“, sagt Wagner.
Allerdings gibt es Ausnahmen: In einem der Beißringe fanden die Forscher gleich sechs Umwelthormone, die sie bislang nicht näher identifizieren konnten. Ein weiterer Kunststoffring fiel gänzlich aus der Reihe – er enthielt sogenannte Parabene: „Auffällig ist der Nachweis von Parabenen in einem Produkt, weil diese Zusatzstoffe normalerweise nicht in Plastikspielzeugen verwendet werden“, erklärt Wagner.
Gründlichere Kontrolle nötig
Die nachgewiesenen Stoffe Methyl-, Ethyl- und Propylparaben dienen eigentlich als Konservierungsstoffe in Kosmetika. Im Körper wirken sie wie natürliches Östrogen und hemmen die Produktion von Hormonen wie Testosteron. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission unlängst den Einsatz von Propylparaben als Konservierungsstoff in Hautcremes für wunde Babypopos verboten. Durch wunde und rissige Haut könnte der Schadstoff nämlich leicht in den Körper gelangen.
Für Plastikspielzeug und Beißringe brächten solche Stoffe nur einen geringen zusätzlichen Nutzen, dafür aber ein höheres Gesundheitsrisiko, so die Forscher. „Hersteller, Aufsichtsbehörden und Wissenschaftler sollten die chemische Belastung durch Plastikspielzeug gründlicher untersuchen“, meint Wagner. (Journal of Applied Toxicology, 2015; doi: 10.1002/jat.3159)
(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 22.05.2015 – AKR)