Medizin

Universalimpfstoff gegen Coronaviren?

Neuer mRNA-Impfstoff schützt Mäuse vor SARS-CoV-2 und verwandten Coronaviren

Coronavirus
Wissenschaftler arbeiten an einem mRNA-Impfstoff, der vor mehreren Arten von Coronaviren samt ihrer Mutationen schützt. © crocothery/ Getty images

Einer gegen viele: An Mäusen haben Forscher einen mRNA-Impfstoff getestet, der vor mehreren verschiedenen Coronaviren schützen soll – darunter nicht nur SARS-CoV-2 und seine Mutationen, sondern auch Verwandte, die womöglich in Zukunft Pandemien verursachen könnten. Der neue Impfstoff enthält Baupläne für chimäre Spike-Proteine, die Oberflächenmerkmale unterschiedlicher Coronaviren vereinen. Bei Mäusen sorgte er für eine robuste Antikörperantwort und verhinderte Infektionen.

Aktuelle Impfstoffe gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zielen auf das Spike-Protein des Virus, eine spezifische Oberflächenstruktur, die dem Virus den Eintritt in die Zellen ermöglicht, aber auch als Erkennungszeichen für das Immunsystem dient. Da sich die Spike-Proteine durch Mutationen verändern, besteht die Befürchtung, dass die bisherigen Impfungen gegen neue Varianten weniger effektiv sein könnten.

Spike-Proteine
Die Struktur der Spike-Proteine (Rosa) ist für die Erkennung des Virus durch das Immunsystem entscheidend. © DesignCells / iStock.com

Chimäre Spike-Proteine

Ein Team um David Martinez von der University of North Carolina hat nun an Mäusen einen Impfstoff getestet, der nicht nur vor SARS-CoV-2 und seinen Mutationen schützen soll, sondern auch vor anderen Coronaviren, die als Risikokandidaten für zukünftige Pandemien gelten.

Grundlegend nutzten die Forscher das gleiche Prinzip, auf dem auch die derzeit zugelassenen mRNA-Impfstoffe von Pfizer/BioNTech und Moderna basieren: Sie liefern dem Körper den genetischen Bauplan für das Spike-Protein in Form von Boten-RNA und unsere Zellen stellen dann das Protein her, sodass das Immunsystem entsprechende Antikörper produzieren kann.

Statt aber lediglich den Bauplan für eine Sorte von Spike-Protein zu liefern, setzten Martinez und seine Kollegen auf chimäre Spike-Proteine – eine Kombination aus Bestandteilen der Spike-Proteine verschiedener Coronaviren. Eine dieser Chimären vereinte beispielsweise Merkmale der Spike-Proteine von SARS-CoV-2, dem Verursacher der aktuellen Covid-19-Pandemie, aber auch von SARS-CoV, das 2003 die erste SARS-Pandemie auslöste, und einem Fledermaus-Coronavirus, das womöglich in Zukunft den Sprung auf den Menschen schaffen könnte.

Breite Wirksamkeit

Um die Wirksamkeit dieses Ansatzes zu testen, impften die Forscher eine Gruppe von Mäusen mit einer Kombination von vier verschiedenen Chimären-Bauplänen. Eine andere Gruppe erhielt einen mRNA-Impfstoff, der nur den Bauplan für das SARS-CoV-2-Spike-Protein enthielt, und eine Kontrollgruppe wurde stattdessen gegen Noroviren geimpft.

Das Ergebnis: Die Mäuse, die den neuen Kombi-Impfstoff erhalten hatten, produzierten funktionsfähige Antikörper sowohl gegen SARS-CoV und SARS-CoV-2, als auch gegen die Fledermaus-Varianten. Wurden sie nach abgeschlossener Immunisierung den Viren ausgesetzt, erkrankten sie nicht, und an ihrem Lungengewebe ließen sich keinerlei Schäden nachweisen. Auch gegen Mutationen von SARS-CoV-2 wie die südafrikanische Variante waren diese Mäuse geschützt.

Mäuse dagegen, die nur gegen SARS-CoV-2 geimpft worden waren, waren zwar vor diesem Virus geschützt, konnten aber weiterhin an anderen Coronaviren wie SARS-CoV erkranken. Zudem kam es zu einzelnen Durchbruchinfektionen mit der südafrikanischen Variante. Tiere aus der Kontrollgruppe waren erwartungsgemäß gegenüber allen Coronavirus-Varianten anfällig.

Proaktiver Schutz

„Der Impfstoff hat das Potenzial, Ausbrüche zu verhindern, wenn er eingesetzt wird, sobald eine neue Variante entdeckt wird“, sagt Martinez‘ Kollege Ralph Baric. Die aktuelle Studie belegt die grundsätzliche Machbarkeit eines Ansatzes, der auf chimären Spike-Proteinen basiert. Sofern weitere Tests ähnlich erfolgsversprechend verlaufen, wären bereits im kommenden Jahr klinische Studien am Menschen denkbar.

Anders als ein echter „Universalimpfstoff“, der auf Strukturen zielt, die allen Viren der Gattung gemeinsam sind, beruht der aktuell getestete Impfstoff weiterhin auf spezifischen Strukturen einzelner Viren. Die Kombination ermöglicht aber eine größere Flexibilität und eine breitere Abdeckung gegen verschiedene Varianten – auch solche, die womöglich erst in der Zukunft zum Problem werden.

„Unsere Ergebnisse sind vielversprechend für die Zukunft, weil sie darauf hindeuten, dass wir universellere Pan-Coronavirus-Impfstoffe entwerfen können, um proaktiv gegen Viren zu schützen, von denen wir wissen, dass sie ein Risiko für das Auftreten beim Menschen haben“, sagt Martinez. „Mit dieser Strategie können wir vielleicht ein SARS-CoV-3 verhindern.“ (Science, 2021, doi: 10.1126/science.abi44506)

Quelle: University of North Carolina at Chapel Hill

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