Wissenschaftler der Universitätskinderklinik Leipzig wiesen jetzt erstmals eine Mutation des IGF-I-Rezeptors als eine Ursache für Kleinwüchsigkeit nach. Die im New English Journal of Medicine veröffentlichte Entdeckung könnte der Schlüssel für die weitere Erforschung von noch nicht bekannten Ursachen der Kleinwüchsigkeit sein.
Etwa 10 Prozent der Kinder, die bereits im Mutterleib Wachstumsstörungen haben, bleiben auch später zu klein. In vielen Fällen ist die Ursache des Kleinwuchses unklar, so dass die Therapie häufig erfolglos bleibt. Wenn man weiß, dass diesen Kindern daraus gesundheitliche und soziale Probleme erwachsen können, scheint Handlung geboten.
An der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig beschäftigt man sich unter den verschiedensten Aspekten mit dem Problem der Kleinwüchsigkeit. Das Team um Klinikchef Prof. Wieland Kiess konnte erfolgreich der Hypothese nachgehen, dass Mutationen im Gen für den Insulin- ähnlichen Wachstumsfaktor I-Rezeptor (IGF-IR), eine Ursache für vor- und nachgeburtliche Wachstumsstörungen sein könnten.
Ausgangspunkt für die Hypothese ist das Wissen um Hormone als Botenstoffe, die das Signal für das Wachstum geben. Ob das funktioniert oder nicht, könnte wiederum an den Rezeptoren liegen, die gewissermaßen das Schloss für die Schlüsselhormone bilden. Wenn man also nachweisen könnte, dass einer der Rezeptoren so verändert ist, dass das Schloss-Schlüssel-Prinzip nicht funktioniert, kann natürlich auch die entsprechende Botschaft nicht weitergetragen werden. Genau diesen Nachweis haben die Leipziger Forscher erbracht.
Sie untersuchten zwei Gruppen von 42 bzw. 50+9 Kindern mit Wachstumsstörungen unklarer Herkunft gezielt auf Abnormalitäten im IGF-IR Gen. Als Kontrollgruppe unterzog man 43 Kinder mit normalem Geburtsgewicht den gleichen Untersuchungen. In dieser Kontrollgruppe konnten keine Veränderungen des IGF-IR Faktors festgestellt werden, wohingegen in der ersten Gruppe ein Mädchen mit IGF-I-Rezeptor-Mutation auffiel und in der zweiten ein Junge. Damit war erstmals der Nachweis für eine Wachstumsstörung erbracht, die zurückzuführen ist auf eine Rezeptoranomalität.
Wie wichtig diese Entdeckung für die wissenschaftliche Welt und letztendlich für die betroffenen Kinder ist, zeigen die Veröffentlichung in einem der renommiertesten Wissenschaftsjournale auf dem Gebiet der Medizin, dem New English Journal of Medicine, und die Anfragen aus aller Welt. Die Wissenschaftler wollen jetzt aber noch einen Schritt weitergehen. Sie wollen jetzt die Eiweißstrukturen untersuchen, die mit dem Rezeptor verbunden sind, denn, so Prof. Kiess, „es könnte ja der Rezeptor in Ordnung sein, nicht aber die Verbindungswege“.
(Universität Leipzig, 03.02.2004 – NPO)