Forscher haben erstmals rekonstruiert, wie die Ebola-Epidemie in Westafrika begann: Ihren Ursprung hat sie in einem zweijährigen Jungen in Guinea, der häufiger in einem hohlen Baum spielte. In diesem lebte eine Kolonie insektenfressender Bulldoggen-Fledermäuse – die wahrscheinlichen Überträger des Virus. Über den Kontakt mit den Tieren infizierte sich der Junge Ende 2013 mit Ebola und wurde zum Patienten „Null“ – dem ersten Fall der neuen Epidemie. Das belegen neueste Ergebnisse von Feldstudien eines internationales Forscherteams.
Fledermäuse gelten schon lange als die wahrscheinlichsten Überträger des Ebola-Virus. Über ihren Kot kann das Virus in die Umwelt gelangen, einige Fledermausarten werden auch als „Bushmeat“ gejagt und verzehrt. Bisher standen dabei vor allem fruchtfressende Fledermäuse als Überträger in Verdacht. In mehreren Arten haben Forscher bereits Ebola-Viren und Antikörper gegen die Erreger nachgewiesen, zudem kommen diese Fledermäuse auch in der Umgebung von Meliandou in Guinea vor, dem Dorf, in dem sich der erste Patient mit Ebola infizierte.
Warum ausgerechnet ein Zweijähriger?
Seltsam aber: Der inzwischen bekannte „Patient Null“, der erste Fall der Epidemie, ist ein zweijähriger Junge. „Eine Übertragung über Fledermäuse als Bushmeat hätte die Erwachsenen der Familie gleichzeitig oder vor dem Jungen betroffen, zudem gab es keine Jäger in der Familie“, berichten Almudena Marí Saéz von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und ihre Kollegen. Dass zunächst nur der Junge erkrankte, spreche für eine von der Nahrung unabhängige infektionsquelle.
Die große Frage war daher, wo und wie ein zweijähriges Kind mit dem Ebola-Erreger in Kontakt gekommen sein könnte. Um das zu klären, führten die Forscher eine vierwöchige Feldstudie in Guinea durch. Bei dieser untersuchten sie die Wildtiere in der Umgebung des Dorfes Meliandou und fingen und untersuchten auch verschiedene Fledermäuse.
Spielende Kinder und ein Baum
Den entscheidenden Hinweis erhielten sie jedoch bei Interviews mit Dorfbewohnern: Diese erzählten ihnen, dass die Kinder des Dorfes und auch der zweijährige Junge häufig in einem hohlen Baum in der Nähe gespielt hatten. DNA-Untersuchungen von Kotresten am Baumstumpf zeigten, dass dort eine Kolonie insektenfressender Fledermäuse der Art Mops condylurus gehaust hatte. Auch von dieser Art ist bekannt, dass sie das Ebola-Virus in sich tragen kann, ohne selbst zu erkranken.
„Unsere Funde stützen die Hypothese, dass Fledermäuse der Ursprung der aktuellen Ebola-Epidemie in Westafrika waren“, sagen die Forscher. Entgegen bisherigen Annahmen waren dabei höchstwahrscheinlich nicht fruchtfressende Fledermäuse die Überträger, sondern die insektenfressenden Bulldogg-Fledermäuse. Als der kleine Junge im Baum spielte, muss er dabei mit dem Kot oder den Tieren selbst in Kontakt gekommen sein und sich so mit dem Ebola-Virus infiziert haben.
Er brachte dann das Virus in sein Dorf und steckte dort weitere Familienangehörige und Dorfbewohner an. Von dort aus breitete sich Ebola dann über Guinea, Sierra Leone und Liberia aus. Bisher sind mehr als 7.800 Menschen an der Seuche gestorben – und die Epidemie ist noch immer nicht zu Ende. (EMBO Molecular Medicine, 2014; doi: 10.15252/emmm.201404792)
(EMBO, 05.01.2015 – NPO)