Verräterische Bakterien: Ob Kleinkinder später zum Dicksein neigen, könnte künftig ein Blick in ihren Mund verraten. Denn eine Studie zeigt: Kinder, die in den ersten zwei Lebensjahren besonders schnell an Gewicht zulegen, beherbergen vergleichsweise wenig unterschiedliche Bakterien in ihrem Mund. Eine schnelle Gewichtszunahme in diesen frühen Jahren gilt bei Kindern als wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht und Fettleibigkeit, wie die Forscher berichten.
Der Mensch ist nie allein: Überall auf und in uns leben winzige Organismen – ob auf unserer Haut, in der Nase oder im Darm. Diese oft nützlichen Untermieter spielen eine wesentliche Rolle für unsere Gesundheit. So ist beispielsweise bekannt, dass die Bakterien im Darm das Immunsystem stärken und unter anderem vor Übergewicht schützen können. Demnach beeinflusst die Zusammensetzung der Darmflora, ob ein Mensch zum Dicksein neigt oder nicht.
Mund auf für die Forschung
Wissenschaftler um Sarah Craig von der Penn State University in University Park haben nun untersucht, ob ein ähnlicher Zusammenhang auch für das Mikrobiom im Mund gilt. Für ihre Studie erfassten sie bei 226 Kindern, wie sich deren Gewicht im Laufe der ersten zwei Lebensjahre entwickelte. Eine besonders schnelle Zunahme an Körpergewicht in dieser frühen Phase gilt als ein wichtiger Risikofaktor für Übergewicht und Fettleibigkeit in der Kindheit.
Am Ende der zwei Jahre analysierten die Forscher dann die Mundflora ihrer jungen Probanden: Welche Mikroben würden sich dort finden – und würde sich eine Verbindung zur zuvor beobachteten Gewichtsentwicklung feststellen lassen? Tatsächlich offenbarte die Auswertung ein deutliches Muster, wie Craig und ihre Kollegen berichten.
Verarmte Mikrobengemeinschaft
Bei jenen Kindern, die besonders schnell an Kilos zugelegt hatten, war die Mundflora demnach weniger vielfältig – in ihren Mündern lebten weniger unterschiedliche Bakteriengruppen. Außerdem zeigte sich: Das Verhältnis von zwei besonders häufigen Bakteriengruppen im menschlichen Mikrobiom – Firmicutes und Bacteroidetes – war bei ihnen anders als bei den übrigen Kindern.
Interessant auch: Genau diese beiden Auffälligkeiten wurden in früheren Untersuchungen bereits in der Darmflora fettleibiger Jugendlicher und Erwachsener festgestellt. Als die Wissenschaftler die Mikrobengemeinschaft im Darm der Kinder untersuchten, zeigten sich diese Muster dort aber überraschenderweise nicht.
Ansatz für die Prävention?
„Dieses Ergebnis legt nahe, dass sich Anzeichen für Übergewicht in der Mundflora früher manifestieren als im Darmmikrobiom“, sagt Craigs Kollegin Kateryna Makova. „Bestätigt sich das, könnte sich daraus eine Möglichkeit ergeben, für Übergewicht anfällige Kinder früh zu identifizieren und rechtzeitig präventive Maßnahmen zu ergreifen.“
In weiteren Studien wollen die Forscher nun genauer untersuchen, wie einzelne Bakterienarten das Risiko für Übergewicht und Fettleibigkeit möglicherweise beeinflussen. (Scientific Reports, 2018; doi: 10.1038/s41598-018-31866-9)
(Penn State, 20.09.2018 – DAL)