Medizin

Vogelgrippe: Wie gefährlich ist H5N8?

Neue Geflügelpest breitet sich in Europa aus – bisher aber nur bei Vögeln

Das Influenza-Virus ist enorm anpassungsfähig und bringt immer neue Stämme hervor. Hier bei der Untersuchung des Vogelgripppe-Stammes H7N9 im Labor. © CDC

Vogelgrippe-Alarm: Eine ursprünglich aus Südkorea stammende Form der Vogelgrippe breitet sich unter Europas Nutzgeflügel aus. Das durch Rekombination entstandene Virus ist hochansteckend und hochpathogen – aber nur für Geflügel. Bisher ist kein einziger Fall bekannt, bei dem das Virus auf den Menschen übertragen wurde. Wie es nach Europa kam, darüber wird heftig diskutiert.

In Heinrichswalde in Mecklenburg-Vorpommern fing es an: Am 5. November 2014 erkrankten auf einem Geflügelhof Mastputen an einer zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten Vogelgrippe. Schnell ergaben Analysen, dass es sich um das für Geflügel hochansteckende Influenzavirus H5N8 handelt. Mehr als 30.00 Puten wurden getötet und ein Sperrgebiet eingerichtet, um eine weitere Ausbreitung der Infektion zu verhindern. Weitere Fälle hat es seither in den Niederlanden gegeben, wo rund 150.000 Legehennen getötet wurden, und in Großbritannien, wo 6.000 Enten betroffen waren.

Entstanden durch Rekombination

Der Virenstamm H5N8 war bisher nur aus Südkorea bekannt und existiert auch dort noch nicht sehr lange. Wie koreanische Forscher im Frühjahr 2014 herausfanden, entstanden offenbar gleich mehrere verschiedene Varianten dieses Virus durch die genetische Rekombination verschiedener in der Region verbreiteter Vogelgrippe-Viren. Dadurch wurde H5N8 hochpathogen – es vermehrt sich nach der Infektion sehr schnell im Körper und führt dann zum Tod des Tieres, wie Thomas Mettenleiter, Leiter des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) erklärt.

Wie bei allen Formen aviären Influenza-Viren besteht theoretisch auch bei H5N8 die Möglichkeit, dass das Virus von Geflügel auf den Menschen übertragen wird. Bei anderen zurzeit in Asien grassierenden Vogelgrippe-Viren wie H7N und H10N8 sind bereits Menschen erkrankt und auch gestorben. Bei dem jetzt in Europa aufgetauchten H5N8-Virus ist dies aber bisher weder in Asien noch in Europa der Fall.

Nahansicht eines Influenzavirus © CDC

Auch für den Menschen gefährlich?

Allerdings: Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist eine Übertragung zwar unwahrscheinlich, kann aber bei engem Kontakt mit befallenem Geflügel nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Selbst dann würde die Krankheit beim Menschen wahrscheinlich weitaus weniger gravierend verlaufen als bei den Vögeln. Darauf zumindest deutet ein Experiment mit Frettchen hin – die uns als Säugetiere näher stehen als Vögel. Bei diesen vermehrte sich das H5N8-Virus nur zögerlich im Körper und die Tiere entwickelten kaum Symptome.

Und selbst die Übertragung vom Vogel auf einen Menschen bedeutet noch nicht, dass das Influenza-Virus die Artschranke überwunden hat: Dies ist erst dann der Fall, wenn es von Mensch zu Mensch übertragbar ist und sich im Menschen gut vermehren kann. Dieser Sprung kann erfolgen, wenn H5N8 oder ein anderes Vogelgrippe-Virus mit Influenzaviren in Kontakt kommt, die bereits Epidemien beim Menschen auslösen können – beispielsweise die saisonale Grippe. Bisher aber ist dies (noch) nicht mal ansatzweise zu befürchten.

Wie kam das Virus nach Europa?

Darüber, wie H5N8 nach Europa gelangte, sind die Meinungen geteilt. Die Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts halten es für wahrscheinlich, dass das Vogelgrippe-Virus über Zugvögel aus Asien zu uns gelangte. Denn die Höfe in Mecklenburg-Vorpommern und in den Niederlanden liegen auf bekannten Zugrouten von Wildgänsen. Eine andere Zugroute führt von Island über Großbritannien nach Kontinentaleuropa und könnte daher die Vogelgrippe nach England gebracht haben. Zwar zieht kein Vogel von Südkorea nach Deutschland, aber an Zwischenstationen, an denen Zugvögel mehrerer Arten aufeinander treffen, könnte das Virus weitergegeben worden sein. Es wäre dann quasi in Etappen westwärts getragen worden.

Brachten Gänse das H5N8-Virus nach Europa? Oder war es doch eher der Tierhandel? © MichaelMaggs/ CC-by-sa 3.0

Allerdings: In einem solchen Falle läge es nahe, dass auch an diesen Zwischenstationen Fälle von H5N8 auftreten. Doch das scheint nicht der Fall zu sein. Aus Sicht der Naturschutzorganisation NABU ist die Einschleppung der Vogelgrippe durch Wildvögel daher eher unwahrscheinlich. Ein viel größeres Risiko für die Verbreitung des Virus sei vielmehr in Massentierhaltungen und den weltweiten Transporten von Tieren und Futtermitteln zu suchen.

So werden Bruteier und Eintagsküken weltweit gehandelt und verfrachtet und können so unerkannt auch das Virus mitschleppen. Auch die Welternährungsorganisation FAO sieht in Importen von Geflügel und kontaminierten Transportkisten die wahrscheinlichste Infektionsquelle. Für eine Einschleppung durch den Handel spricht auch, dass bisher in Europa keine Wildvögel mit dem hochpathogenen Virus H5N8 gefunden wurden.

(RKI/ FLI/ NABU / PLoS Emerging Diseases, 21.11.2014 – NPO)

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