Wer einen Knochenbruch erleidet, sollte in der Heilungsphase Stress vermeiden. Denn die erhöhte Stressbelastung setzt im Körper eine Signalkette in Gang, die die Umwandlung von Knorpel zu neuem Knochengewebe stört – und das verzögert die Heilung. Wie und warum, hat nun eine Studie geklärt. Demnach produzieren weiße Blutkörperchen bei Stress ein Enzym, das die Ausschüttung von Stresshormonen aus der Gruppe der Katecholamine fördert. Diese hemmen dann die Knochenregeneration an der Bruchstelle.
Stress ist ungesund, besonders wenn er länger anhält – das ist nicht neu. Die erhöhte Stressbelastung verursacht psychische Probleme, schwächt die Immunabwehr und kann Herzprobleme und Krebs begünstigen. Ebenfalls beeinträchtigt werden die Wundheilung und die Heilung von Knochenbrüchen: Stehen Patienten in der Heilungsphase unter Stress, dauert es länger, bis sich neuer Knochen an der Bruchstelle bildet.
Neubildung von Knochengewebe gestört
Aber warum? Bereits 2019 hat ein Team unter Leitung von Stefan Reber von der Universität Ulm entdeckt, dass das Immunsystem für die gestörte Knochenheilung eine Rolle spielt: Unter erhöhtem Stress wandern vermehrt Immunzellen in das Gewebe der Bruchstelle ein und scheinen dort die Neubildung von Knochengewebe zu bremsen. Was dabei im Einzelnen geschieht und inwieweit das Ausmaß der Stressbelastung die verzögerte Heilung beeinflusst, haben Reber und sein Team jetzt mit weiteren Untersuchungen bei Mäusen und Menschen herausgefunden.
Es zeigte sich: Verantwortlich für die gehemmte Knochenheilung sind Neutrophile Granulozyten, ein Untertyp der weißen Blutkörperchen. Bei erhöhter Stressbelastung produzieren diese Immunzellen das Enzym Tyrosinhydroxylase (TH) und setzen es an der Bruchstelle frei. Das wiederum führt dazu, dass das Gewebe Katecholamine freisetzt – Stresshormone, zu denen auch Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin gehören. Diese Stresshormone wirken an der Bruchstelle auf die Prozesse, durch die neues Knochenmaterial gebildet wird.