Beunruhigende Entdeckung: Das gefährliche West-Nil-Virus scheint sich weiter in Deutschland zu etablieren. Forscher haben den potenziell tödlichen Erreger in den vergangenen Monaten bei einer Vielzahl von Vögeln und vereinzelt auch bei Pferden nachgewiesen. Betroffen sind vor allem Gebiete im Osten des Landes – genau dort war das Virus im vergangenen Jahr erstmals aufgetaucht. Die Experten gehen daher davon aus, dass es erfolgreich in einheimischen Stechmücken überwintert hat.
Das West-Nil-Virus gehört zu den exotischen Krankheitserregern, die sich durch den Klimawandel zunehmend auch in Europa ausbreiten. Das von Stechmücken übertragene Virus nutzt vor allem Vögel als Wirte. Es kann aber auch Säugetiere wie den Menschen befallen und bei ihnen grippeähnliche Symptome sowie in seltenen Fällen schwere Hirnhautentzündungen und sogar den Tod herbeiführen.
Nachdem der Erreger auf unserem Kontinent zunächst in Süd- und Südosteuropa auftrat, wurde er im Sommer vergangenen Jahres erstmals in Deutschland nachgewiesen. Wissenschaftler vom Friedrich-Loeffler-Institut identifizierten den Erreger bei einem Bartkauz in Halle an der Saale, der an der Infektion zugrunde gegangen war. Später wurden weitere Fälle bekannt.
Mehr Vogelarten betroffen
Nun zeigt sich, dass sich das West-Nil-Virus seitdem offenbar weiterverbreitet hat. Allein zwischen Anfang Juli und Mitte September 2019 wiesen die Experten den Erreger bei 37 Vögeln aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen nach – darunter heimische Arten wie Kohlmeise und Uhu, aber auch Zugvögel wie die Schnee-Eule oder der Gebirgslori. Insgesamt seien im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Vogelspezies betroffen.
Doch das ist noch nicht alles: Auch bei fünf Pferden in Sachsen und Sachsen-Anhalt wurde im gleichen Zeitraum ein Befall mit dem Virus festgestellt. Aufgefallen waren die Infektionen, weil die Tiere zentralnervöse Störungen gezeigt hatten. Wie die Forscher berichten, löst das West-Nil-Virus bei den meisten infizierten Pferden zwar keine Krankheitssymptome aus. Mitunter kann es, wie in den jetzt beschriebenen Fällen, aber zu Hirn- und Hirnhautentzündungen kommen. Diese äußern sich dann zum Beispiel durch Stolpern, Muskelzittern und Lähmungen.
Impfempfehlung für Pferde
Bei 22 bis 44 Prozent der Pferde mit klinischen Symptomen verläuft die Infektion tödlich. Aber selbst, wenn die Tiere die Erkrankung überleben, bleiben in bis zu 20 Prozent der Fälle lebenslang neurologische Störungen zurück. Aus diesem Grund empfiehlt die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin, Pferde in den betroffenen Gebieten im Osten der Bundesrepublik gegen das Virus impfen zu lassen. Derzeit sind bei uns drei inaktivierte Impfstoffe für die Anwendung beim Pferd zugelassen.
Die jüngsten Fälle deuten nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts darauf hin, dass das West-Nil-Virus dabei ist, sich dauerhaft in Deutschland anzusiedeln. Da die Infektionen in diesem Jahr in einem ähnlichen Gebiet festgestellt wurden wie 2018, scheint für die Experten klar: Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat der Erreger erfolgreich in einheimischen Stechmücken überwintert.
Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut