Stich mit Folgen: Zum ersten Mal hat sich ein Mensch in Deutschland durch einen Mückenstich mit dem West-Nil-Virus angesteckt. Der exotische Krankheitserreger infizierte einen Mann aus Sachsen und löste bei ihm eine Gehirnhautentzündung aus, wie Forscher berichten. Da sich die Mückensaison dem Ende zuneigt, nimmt das Risiko für weitere Übertragungen zwar derzeit ab. Experten rechnen jedoch spätestens im kommenden Sommer mit weiteren Fällen.
Das West-Nil-Virus gehört zu den exotischen Krankheitserregern, die sich durch den Klimawandel zunehmend auch in Europa ausbreiten. Das von Stechmücken übertragene Virus nutzt vor allem Vögel als Wirte und stammt eigentlich aus Afrika. Nachdem der Erreger auf unserem Kontinent zunächst in Süd- und Südosteuropa auftrat, wurde er im vergangenen Jahr erstmals in Deutschland nachgewiesen.
Damals waren nur Vögel und Pferde betroffen – doch nun hat sich offenbar auch der erste Mensch in der Bundesrepublik durch einen Mückenstich mit dem West-Nil-Virus infiziert. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilt, hat sich ein Mann aus Sachsen mit dem Erreger angesteckt und als Folge eine Gehirnentzündung entwickelt. Der Patient sei inzwischen aber wieder genesen.
„Mit weiteren Infektionen rechnen“
Bereits im vergangenen Jahr hatte sich ein Tierarzt aus Bayern bei der Obduktion eines infizierten Vogels mit dem Erreger angesteckt. Der aktuelle Fall ist aber die erste bekannte Übertragung durch Mücken in Deutschland. „Das Risiko weiterer Fälle nimmt derzeit ab, da die Zahl der Mücken im Herbst zurückgeht. In den kommenden Sommern müssen wir jedoch mit weiteren West-Nil-Virus-Infektionen rechnen“, erklärt RKI-Präsident Lothar Wieler. „Glücklicherweise verläuft der Großteil der Fälle mild.“
Steckt das eigentlich auf Vögel als Wirte spezialisierte Virus den Menschen an, verläuft dies in 80 Prozent der Fälle völlig symptomlos. Der Erreger kann jedoch auch grippeähnliche Beschwerden wie Fieber oder Hautausschlag auslösen. Nur bei rund einem Prozent aller Infektionen kommt es zu einer Hirnhautentzündung oder seltener zu einer Entzündung des Gehirns. Diese vor allem bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen auftretende Komplikation kann im Extremfall tödlich sein.
Mückenschutz als Präventionsmaßnahme
Der erste Fall eines durch Mücken infizierten Menschen bestätigt nach Ansicht der Experten erneut, dass das West-Nil-Virus dabei ist, in der Bundesrepublik heimisch zu werden. „Offenbar haben die durch den Klimawandel bedingten ungewöhnlich warmen Sommer der letzten beiden Jahre dazu beigetragen, dass sich der Erreger nördlich der Alpen etabliert hat“, sagt Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin.
Da es bisher keine spezifischen Medikamente oder Impfstoffe für menschliche Patienten gibt, ist die beste Maßnahme gegen eine West-Nil-Virus-Infektion der Mückenschutz. Anders ist dies bei Pferden: Auch bei diesen Tieren wurden jüngst vermehrt Infektionen mit dem exotischen Erreger festgestellt, vor allem im Osten Deutschlands. „Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin empfiehlt Pferdebesitzern in den betroffenen Gebieten, ihre Tiere impfen zu lassen“, sagt Martin Groschup vom Friedrich-Loeffler-Institut. Derzeit sind bei uns drei inaktivierte Impfstoffe für die Anwendung beim Pferd zugelassen.
Meldepflichtige Infektion
Angesichts der Ausbreitung des West-Nil-Virus auch bei uns sollten Patienten, aber auch Mediziner den Erreger unbedingt als möglichen Auslöser von Beschwerden auf dem Schirm haben: Das RKI empfiehlt Ärzten vor allem bei Gehirnentzündungen unklarer Herkunft einen Test auf West-Nil-Viren. Auch bei vermehrtem Auftreten von Fiebererkrankungen mit und ohne Hautausschlägen müsse das Virus als Auslöser in Betracht gezogen werden. Infektionen mit dem West-Nil-Virus sind in Deutschland meldepflichtig.
Quelle: Robert Koch-Institut