Aspirin gilt als Tausendsassa unter den Medikamenten: Das Mittel wirkt schmerzstillend, fiebersenkend, blutverdünnend – und hilft sogar bei erhöhten Cholesterinwerten. Forscher haben nun untersucht, wie genau der Wirkstoff Acetylsalicylsäure in diesem Zusammenhang seine Wirkung entfaltet. Demnach löst das Mittel Ansammlungen von Cholesterin in der Zellmembran auf, die sich dort typischerweise bei hohen Cholesterinkonzentrationen bilden.
Die Acetylsalicylsäure (ASS) gehört zu den weltweit am häufigsten eingenommenen Medikamenten überhaupt. Die meisten Menschen schlucken Aspirin und Co dabei als Schmerzmittel, Fiebersenker und Entzündungshemmer. Viele Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekommen den Wirkstoff jedoch auch wegen seiner blutverdünnenden Wirkung.
Darüber hinaus wird ASS mitunter zur Behandlung von hohen Cholesterinwerten eingesetzt. Dieser Effekt ist überraschend, da der Wirkstoff nach gängiger Lehrmeinung nicht direkt auf das Cholesterin wirkt. Wie also lässt sich der positive Einfluss auf den Cholesterinspiegel erklären? Richard Alsop von der McMaster University im kanadischen Hamilton und seine Kollegen sind dieser Frage nun nachgegangen.
„Flöße“ aus Cholesterin
Die Wissenschaftler untersuchten den Effekt von Acetylsalicylsäure auf die Struktur und die Dynamik innerhalb von Zellmembranen. Bestimmte Bereiche in diesen Trennschichten bestehen zu einem großen Teil aus Cholesterin und sogenannten Sphingolipiden. Durch die physikalischen Eigenschaften der Lipide sind diese Lipidflöße genannten Domänen im Vergleich zu anderen Teilen der Membran stark geordnet.
Bei hohen Cholesterinwerten bilden sich typischerweise besonders viele solcher Lipidflöße aus. Um zu sehen, wie sich ASS auf diese geordneten Strukturen auswirkt, führte Alsops Team Experimente zur Neutronenstreuung durch – diese Methode nutzt die Tatsache, dass Neutronen mit Atomkernen und Elektronen wechselwirken und anhand ihrer charakteristischen Streuung Informationen über die Struktur von Materie liefern können. Außerdem simulierten sie am Computer, wie der Wirkstoff mit den Lipidflößen interagieren könnte.
Gestörte Ordnung
Es zeigte sich: Die Acetylsalicylsäure bindet sich offenbar mit Vorliebe an die Floß-ähnlichen Strukturen in der Membran und stört dort die alte Ordnung. Als Folge lösen sich die Cholesterinansammlungen auf und die Bildung cholesterinhaltiger Flöße wird unterdrückt. Die Computersimulationen ergaben, dass dieser Effekt zum einen auf Interaktionen mit anderen Lipiden zurückzuführen ist – demnach wirkt ASS indirekt auf das Cholesterin.
Zum anderen scheint der Wirkstoff entgegen bisheriger Annahmen aber auch direkt mit Cholesterin interagieren zu können. So fanden die Forscher Hinweise darauf, dass der Wirkstoff Wasserstoffbrückenbindungen zu den Cholesterinmolekülen in der Membran ausbildet.
Molekulare Erklärung
Diese Beobachtungen liefern Alsop und seinen Kollegen zufolge eine mögliche molekulare Erklärung für den bekannten Effekt von Aspirin auf Cholesterin. Denn sie zeigen, dass sich der Wirkstoff auf die für hohe Cholesterinwerte typischen geordneten Ansammlungen des Lipids innerhalb der Zellmembran auswirkt.
Wie die Wissenschaftler betonen, spielt die Lipidumgebung eine entscheidende Rolle für die Funktionsfähigkeit von Zellmembranen und beeinflusst beispielsweise die Aktivität eingelagerter Proteine – und damit letztendlich die Gesundheit. (Royal Society Open Science, 2018; doi: 10.1098/rsos.171710)
(Royal Society Open Science, 28.02.2018 – DAL)