Zweifache Wirkung: Die Inhaltsstoffe des Cannabis-Hanfs – darunter vor allem Cannabidiol (CBD) – wirken auf doppelte Weise entzündungshemmend: Sie bremsen die Ausschüttung entzündungsfördernder Botenstoffe und regen gleichzeitig die Synthese von immunregulatorischen Enzymen an. Diese hemmen überschießende Entzündungsreaktionen im Körper und tragen auch zur Gewebeheilung bei, wie Forschende herausgefunden haben. Cannabidiol könnte damit neue Therapiechancen für entzündliche Erkrankungen eröffnen.
Die Hanfpflanze Cannabis sativa produziert gleich mehrere Inhaltsstoffe, die medizinisch wirksam sind. Vor allem das nicht psychoaktive Cannabidiol (CBD), aber auch das berauschend wirkende Tetrahydrocannabinol (THC) und weitere Cannabinoide binden im Körper an spezielle Rezeptoren und können dadurch positive Effekte auf die Gesundheit haben. So wirken einige Cannabinoide nicht nur appetitanregend und schmerzlindernd, sie können auch Krämpfe lösen, Übelkeit lindern und sogar Krebszellen abtöten.
Alle acht Cannabinoide hemmen Entzündungen
Schon länger gibt es zudem Hinweise darauf, dass Cannabis-Inhaltsstoffe auch entzündungshemmend wirken können. Welche Cannabinoide dies sind und welcher Mechanismus dahintersteckt, war jedoch unklar. Deshalb sind Lukas Peltner von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und seine Kollegen dieser Frage nachgegangen. Für ihre Studie haben sie zunächst in Zellkulturen untersucht, wie acht verschiedene Cannabinoide, darunter auch CBD und THC, auf Immunzellen und die von diesen produzierten Botenstoffe wirken.
Das Ergebnis: Alle acht Cannabinoide zeigen eine entzündungshemmende Wirkung. „Es zeigte sich, dass sämtliche untersuchten Substanzen die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen in den Zellen hemmen und zugleich die Bildung von entzündungsauflösenden Botenstoffen verstärken“, berichtet Peltner. Im Speziellen hemmten die Hanf-Inhaltsstoffe die Produktion der pro-inflammatorischen Leukotriene und förderten die Synthese von dämpfend wirkenden Immunmediatoren.
Cannabidiol (CBD) legt den Schalter um
Am stärksten ist der positive Effekt bei Cannabidiol (CBD): Dieses Cannabinoid wirkte schon in geringen Dosen hemmend auf bestimmte entzündungsfördernde Enzyme, wie die Forschenden berichten. Nähere Analysen ergaben zudem, dass CBD dafür nicht an den gängigen Cannabinoid-Rezeptoren des Körpers ansetzt, sondern auf davon unabhängige Enzym-Reaktionen wirkt. Unter anderem aktiviert es dadurch das immunregulierend wirkende Enzym 15-Lipoxygenase-1 (15-LOX).
„Damit legt CBD in den betroffenen Zellen quasi einen Schalter um, der das Entzündungsgeschehen von der fördernden zur hemmenden Seite lenkt“, erklärt Seniorautor Paul Jordan von der Universität Jena. Anders als gängige Medikamente gegen Entzündungen wie Aspirin, Ibuprofen oder Paracetamol unterdrückt CBD demnach nicht nur die Ausschüttung der Entzündungsbotenstoffe, es regt auch aktiv die Produktion von regulatorisch wirkenden Substanzen an.
Dieser Effekt könnte zudem erklären, warum und wie Cannabinoide wie CBD auch zur Wundheilung und Geweberegeneration beitragen können, wie das Team erklärt.
THC ist für diese medizinische Wirkung entbehrlich
Nach Ansicht von Peltner und seinen Kollegen unterstreichen ihre Ergebnisse, dass sich Cannabinoide, darunter vor allem der Hanf-Inhaltsstoff Cannabidiol für neue therapeutische Strategien gegen Entzündungserkrankungen eignen könnte. Denkbar wäre ein Einsatz von CBD beispielsweise bei entzündlichen Darmerkrankungen, Hautleiden oder sogar Alzheimer und anderen mit Entzündungsreaktionen im Gehirn verbundene neurologische Krankheiten.
Anders als in manchen bisher zugelassenen Präparaten sollte dabei aber vor allem das CBD im Fokus stehen, weil dieses unter den untersuchten acht Cannabinoiden den stärksten entzündungshemmenden Effekt gezeigt hat, so die Forschenden. Das psychoaktive Cannabinoid THC erwies sich hingegen in den Tests als deutlich weniger wirksam. Therapeutika, die ausschließlich CBD enthalten, wären demnach wirksam, ohne dass dieser problematisch Inhaltsstoff nötig ist. (Cell Chemical Biology, 2023; doi: 10.1016/j.chembiol.2023.08.001)
Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena