Verblüffende Entdeckung: Eigentlich sollte das Erbgut in allen Zellen unseres Körpers gleich sein. Doch das stimmt nicht, wie nun eine Studie am Beispiel menschlicher Knochenmarkszellen enthüllt. Demnach ist selbst bei gesunden Menschen eine von 43 dieser Zellen genetisch massiv verändert – Chromosomenstücke sind vertauscht, verkehrt herum eingebunden oder wurden mehrfach kopiert. Dadurch können die genetischen Unterschiede innerhalb unseres Körpers sogar größer sein als zu anderen Menschen, wie die Forschenden in „Nature Genetics“ berichten.
Jeder von uns besitzt einen einzigartigen DNA-Bauplan, der in jeder einzelnen Zelle unseres Körpers steckt. Gängiger Annahme nach variieren dabei je nach Organ und Gewebe zwar die Genaktivität und die regulierenden Anlagerungen am Erbgut, der grundlegende DNA-Code ist jedoch in allen Zellen eines Individuums identisch. Zwar können im Laufe des Lebens durch DNA-Schäden oder Kopierfehler bei der Zellteilung Mutationen entstehen. Doch gerade bei jüngeren, gesunden Menschen sollte das Genom in jeder Zelle weitgehend übereinstimmen – so die Annahme.

DNA von Blutstammzellen im Vergleichstest
Doch die Lehrmeinung liegt offenbar falsch, wie nun Karen Grimes vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg und ihre Kollegen herausgefunden haben. Für ihre Studie hatten sie Blutstammzellen aus dem Knochenmark von 19 Menschen unterschiedlichen Geschlechts und Alters – vom Neugeborenen bis zum 92-Jährigen – untersucht. Sie unterzogen dabei jeweils mehrere Zellen jedes Individuums einer Einzelzell-Sequenzierung. Diese sogenannte Strand-Seq-Methode zeigt die Basenabfolge jedes DNA-Strangs in jeder einzelnen Zelle.
Die Analysen enthüllten Überraschendes: Bei den Blutstammzellen von 84 Prozent der Teilnehmenden zeigten sich teils deutliche Abweichungen vom einheitlichen DNA-Code. Dazu gehörten fehlende Stücke von Chromosomen, aber auch zusätzliche Kopien oder Umkehrungen bestimmter DNA-Abschnitte. Anders als Genmutationen, die oft nur einzelne DNA-Basen betreffen, verändern diese Chromosomenmutationen ganze Abschnitte des Erbguts auf einmal.