Transplantation erfolgreich, Patient trotzdem tot: Bei der ersten Transplantation eines Schweineherzens in einen Menschen überlebte der Patient nur zwei Monate. Den Grund dafür könnten Mediziner nun gefunden haben: Das Problem war nicht das Spenderherz selbst, sondern ein Schweinevirus, das unerkannt mit übertragen worden war. Dieses zerstörte das Organ und führte wahrscheinlich zum Tod des Patienten. Das Traurige daran: Das Virus hätte mit genaueren Nachweismethoden erkannt werden können.
Es war eine Sensation – und galt als wichtiger Durchbruch in der Transplantationsmedizin: Am 7. Januar 2022 hatte ein herzkranker US-Patient erstmals ein Schweineherz als Spenderorgan erhalten – es war die erste erfolgreiche Xenotransplantation. Um eine Abstoßung zu verhindern, waren beim Spenderschwein zuvor zehn Gene verändert worden, tatsächlich verlief die Heilung zunächst gut. Einen Monat später jedoch kam es zu Komplikationen und der 57-jährige Patient starb am 8. März 2022 aus zunächst unklaren Gründen.
Spenderschwein mit porcinem Cytomegalovirus infiziert
Jetzt könnten die Mediziner eine Erklärung dafür gefunden haben: Das Schwein war offenbar mit dem porcinen Cytomegalovirus (PCMV) infiziert, einer Form der Herpesviren, wie der leitende Chirurg Bartley Griffith von der University of Maryland berichtet. Diese Schweineviren waren dann unerkannt mit dem Spenderorgan in den Patienten gelangt und könnten die nachträglichen Komplikationen ausgelöst haben.
Zwar ist das porcine Cytomegalovirus für Menschen ungefährlich, es greift aber Schweinegewebe an – und damit auch das transplantierte Spenderherz. Weil der Patient zudem stark immunhemmende Medikamente gegen eine Abstoßung erhalten hatte, konnten sich die Viren im Schweineherz nahezu ungehindert ausbreiten und das Gewebe zerstören. Frühere Studien mit Affen haben bereits gezeigt, dass eine PCMV-Infektion das Überleben nach einer Xenotransplantation stark verkürzt.
Nachweismethode nicht sensitiv genug
Damit ist genau der Fall eingetreten, der schon länger für Bedenken gegenüber Xenotransplantationen sorgt – die Übertragung artfremder Viren. Um dies zu verhindern, hatte man zwar vor der Entnahme des Spenderorgans Nasenabstriche bei dem Schwein durchgeführt, um auf gängige Schweineviren zu testen. Diese Tests blieben jedoch negativ, obwohl das Schwein mit dem Cytomegalievirus infiziert war.
Der wahrscheinliche Grund: „Wie jedes Herpesvirus kann PCMV/PRV in eine sogenannte Latenz eintreten und ist dann nur noch schwer nachweisbar“, erklärt Joachim Denner, Leiter der Arbeitsgruppe Virussicherheit der Xenotransplantation von der Freien Universität Berlin. Weil sich das Virus in dieser Phase kaum vermehrt, ist die Viruslast so gering, dass sie für viele Testverfahren unter die Nachweisgrenze rutscht.
Allerdings gibt es durchaus Methoden, die ein solches latentes Virus dennoch nachweisen können, darunter PCR-Tests von Blut- oder Gewebeproben. „Die Übertragung von PCMV/PRV hätte verhindert werden können, wenn man die bei uns in Deutschland vorhandenen Nachweisstrategien angewendet hätte“, betont Denner. Diese Methoden seien aber in Baltimore offenbar nicht zum Einsatz gekommen.
Ist die Xenotransplantation damit gescheitert?
Was aber bedeutet dies für die Xenotransplantation? Ist damit diese als Zukunft der Transplantation gefeierte Methode gescheitert? Nicht unbedingt: Das Ausbleiben von Abstoßungsreaktionen gegen das artfremde Herz zeigte, dass die im Vorfeld bei dem Spenderschwein durchgeführten Genveränderungen wirksam waren und das Immunsystem des Patienten das so modifizierte Schweineherz nicht sofort angegriffen hat.
Nach Ansicht von Experten ist die Xenotransplantation an sich damit erfolgreich verlaufen. „Trotz dieser viralen Komplikation, die, soweit bekannt, leider tödliche Folgen hatte, sind diese zwei Monate Überleben nach der ersten Schweineherztransplantation ein wichtiger Fortschritt in Richtung Xenotransplantation“, kommentiert Christine Falk, Leiterin des Instituts für Transplantationsimmunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).
Ihrer Meinung nach ist es daher durchaus sinnvoll, die Xenotransplantation als Alternative weiter zu verfolgen – mit entsprechend verbesserten Testmethoden gegen Schweineviren. „Mit Sicherheit wird weltweit weiter daran gearbeitet, um den eklatanten Mangel an Spenderorganen eines Tages eben doch mit Schweineorganen zu entlasten und schwerstkranken Menschen eine lebensrettende Organspende und damit eine lebensverlängernde Phase ihres kostbaren Lebens zu ermöglichen“, so Falk.
Quelle: Science Media Center, University of Maryland