Vorsicht Zecke: Durch das sich verändernde Klima steigt in Deutschland das Risiko für von Zecken übertragenen Krankheiten. So ist die früher nur in Teilen Süddeutschlands verbreitete FSME-Hirnhautentzündung inzwischen in ganz Deutschland verbreitet, wie Forschende berichten. Zudem profitieren Zecken von den milderen Wintern und sind immer früher im Jahr aktiv. Risiko besteht zudem durch vier neu in Deutschland etablierte Zeckenarten, die ebenfalls verschiedene Krankheiten übertragen können.
Mit dem Klimawandel breiten sich potenziell krankheitsübertragende Mücken- und Zeckenarten in Deutschland weiter aus. Von den milderen Wintern profitieren sowohl heimische Zeckenarten als auch eingeschleppte Arten wie Buntzecken (Dermacentor), die Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) oder die tropische Hyalomma-Zecke. Sie können unter anderem Fleckfieber, die Hundekrankheit Babesiose oder das Q-Fieber übertragen. Der bei uns heimische Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) überträgt zudem die Lyme-Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).
Auch im Winter und in den Alpen aktiv
Neuen Daten zufolge sind vor allem die heimischen Zeckenarten inzwischen fast das gesamte Jahr hindurch aktiv. Der milde Winter hat zudem besonders viele Exemplare überleben lassen. „Damit die Zecke im Winter nicht überlebt, braucht es richtig knackig tiefe Temperaturen, die auch einmal wochenlang andauern“, erklärt Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim. „Zecken werden früher im Jahr aktiv oder sind sogar ganzjährig aktiv. Und selbst in den Bergregionen bis 1.200 Meter werden heute stabile Zeckenpopulationen gefunden“.
Aktuelle Erhebungen des Robert-Koch-Instituts bestätigen, dass in Deutschland inzwischen vier neue Zeckenarten etabliert sind: Neben Buntzecken, der Braunen Hundezecke und Hyalomma-Arten ist darunter auch die Reliktzecke (Haemaphysalis concinna). Sie stammt ursprünglich aus Russland und Osteuropa und wurde in Deutschland vor allem im östlichen Brandenburg nachgewiesen. Auch sie kann eine Encephalitis sowie bakterielle Infektionen übertragen.
FSME-Risiko in ganz Deutschland
Mit den Zecken breiteten sich auch die von ihnen übertragenen Krankheiten aus, allen voran die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME. „Die Anzahl der FSME-Fälle hat in den letzten Jahren zugenommen“, sagt Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Während die FSME früher fast nur in Teilen Bayerns und Baden-Württembergs verbreitet war, müsse nun ganz Deutschland als FSME-Endemiegebiet gelten.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat in diesem Frühjahr weitere zusätzliche Land- und Stadtkreise zu Risikogebieten in Deutschland erklärt. FSME-Fälle treten demnach inzwischen in fast allen Bundesländern auf. Die weißen Flecken auf der FSME-Karte bedeuten daher nicht, dass es in diesen Gebieten sicher ist: „In den Gebieten sind die Fallzahlen sehr gering, was aber nicht heißt, dass dort keine FSME Fälle gemeldet werden. Es heißt nur, dass die Anzahl nicht den Schwellenwert übersteigt, bei dem dieser Landkreis zu einem Risikogebieten erklärt wird“, erklärt Mackenstedt.
In Süddeutschland herrscht dabei eine besonders hohe genetische Vielfalt: Untersuchungen und genetische Charakterisierung der FSME-Viren haben ergeben, dass sich dort viele verschiedene FSME-Stämme etabliert haben.
Untypische Symptome werden häufiger
Möglicherweise erklärt dies, warum FSME-Infektionen auch sehr untypische Symptome hervorrufen können. Die gängigen Folgen sind zwar eine Gehirn- und Hirnhautentzündung, aber auch Symptome einer Sommergrippe wie Fieber, Kopfschmerzen oder Erbrechen und selbst Darmsymptome können unter Umständen auf eine FSME-Infektion hindeuten.
Gerade bei Kindern besteht daher die Gefahr, dass FSME zu spät oder gar nicht erkannt wird: „Inzwischen wissen wir, dass die FSME auch bei Kindern einen schweren Verlauf nehmen kann. Hier wird häufig von einem uncharakteristischen Krankheitsbeginn berichtet, der immer wieder zu verspäteten Diagnosen oder selbst zu Fehldiagnosen führen kann“, sagt Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.
Impfung empfohlen
Die Experten raten daher allen, die häufiger im Freien und in der Natur unterwegs sind, sich gegen die FSME impfen zu lassen. Denn während die ebenfalls bundesweit von Zecken übertragene Lyme-Borreliose von Bakterien verursacht wird und daher mit Antibiotika behandelt werden kann, ist dies bei der viralen FSME nicht der Fall. Die Impfung werde von den Krankenkassen bezahlt und sei für die ganze Familie empfehlenswert, so Dobler und seine Kollegen.
Quelle: Universität Hohenheim, Robert-Koch-Institut