Keine gute Nachricht für Couchpotatoes und Schreibtischtäter: Zu langes und häufiges Sitzen schadet der Gesundheit offenbar selbst dann, wenn wir zum Ausgleich Sport treiben. Wie eine Metastudie ergab, ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und einen früheren Tod, auch bei den Menschen erhöht, die regelmäßig Sport treiben aber trotzdem den Großteil des Tages ohne viel Bewegung verbringen.
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Viele von uns verbringen den Großteil ihres Tages sitzend und ohne viel körperliche Aktivität: Wir sitzen im Büro am Schreibtisch, fahren im Auto oder der Bahn nach Hause, setzen uns zum Essen hin und sitzen später auf dem Sofa beim Entspannen. Schließlich legen wir uns ins Bett und der Tag ist rum.
Reicht Sport aus?
Weil klar ist, dass zu wenig Bewegung auf Dauer schädlich für die Gesundheit ist, versuchen viele Menschen, durch Sport Ausgleich zu schaffen: Sie joggen ein paar Mal in der Woche, gehen ins Fitnessstudie oder machen einen anderen Sport. Aber reicht das aus, um die langen Stunden der Bewegungsarmut auszugleichen? Diese Frage haben sich auch Aviroop Biswas von der University of Toronto und seine Kollegen gestellt.
Die Forscher suchten daher nach Studien, in denen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Krebs oder einen früheren Tod im Verhältnis zur körperlichen Aktivität untersucht worden waren. 47 solcher Studien werteten sie aus und ermittelten dabei jeweils, wie viel Sport jeder Teilnehmer machte und wie lange er am Tag eher bewegungsarm mit Sitzen oder Liegen verbrachte.
Die Länge des Sitzens ist entscheidend
Das Ergebnis ist nicht gerade ermutigend: Egal, wie viel Sport die Teilnehmer machten, ihr Krankheitsrisiko war umso höher, je mehr Zeit sie täglich im Sitzen oder zumindest bewegungsarm verbrachten. Regelmäßiger Ausgleichssport milderte diese Wirkung zwar etwas, wie die Forscher erklären. „Aber das allein scheint nicht ausreichend zu sein, um das Risiko für diese Krankheiten deutlich zu senken“, berichtet Koautor David Alter von der University of Toronto.
„Es ist nicht gut genug, 30 Minuten am Tag Sport zu treiben und die restlichen 23,5 Stunden quasi ohne Bewegung zu verbringen“, so Alter. „Um unsere Gesundheit und unsere Lebensdauer zu fördern, ist es nötig, sowohl Ausgleichsport zu machen als auch die Zeit der Bewegungsarmut möglichst zu verringern.“ Noch ist nicht klar, ab welcher Dauer und durch welche Unterbrechungen das Sitzen weniger schädlich wird. Das wollen die Forscher nun durch weitere Untersuchungen herausfinden.
Gut wären zwei bis drei Stunden weniger
In der Zwischenzeit aber empfehlen sie, die Zeit des Sitzens so gut es geht zu verringern – am besten um zwei bis drei Stunden in einem Zwölf-Stunden-Zeitraum. Dafür allerdings sei es sinnvoll, zunächst einmal selbst zu prüfen, wie lange man jeden Tag sitzend oder bewegungsarm verbringt. „Schon dass wir uns dessen bewusst werden, könnte dabei helfen, dieses Verhalten zu ändern“, so Alter.
Als nächstes gilt es dann, nach Möglichkeiten zu suchen, wo und wann sich mehr Bewegung in den Alltag integrieren lässt: Das können so simple Dinge sein wie die Nutzung der Treppe anstelle des Aufzuges, aber auch der persönliche Besuch im Nachbarbüro statt eines Anrufs. „Man kann beispielsweise bei der Arbeit alle halbe Stunde für ein paar Minuten aufstehen und ein wenig umhergehen oder beim Fernsehen während der Werbepausen ein bisschen Gymnastik machen“, schlägt Alter vor. (Annals of Internal Medicine, 2015; doi: 10.7326/M14-1651)
(University Health Network (UHN), 20.01.2015 – NPO)