Physik

Atomverschränkung über 33 Kilometer Glasfaser

Rekord bei der Quantenkommunikation über normale Telekommunikationsleitungen

EXperiment
Physiker haben Atome über eine 33 Kilometer lange Glasfaserleitung miteinander verschränkt – über Photonen, die auf Telekommunikationsfrequenzen konvertiert wurden. © Jan Greune / TU München

Neuer Rekord: Physikern ist es erstmals gelungen, Atome über 33 Kilometer Glasfaser zu verschränken. Das Besondere daran: Die Verschränkung wurde auf Photonen übertragen, die erst in Telekommunikationsfrequenzen konvertiert und dann durch eine normale Glasfaserleitung verschickt wurden. Für eine solche Quantenkommunikation ist dies ein neuer Entfernungsrekord – und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Quanten-Internet, wie die Forschenden im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Quanten-Netzwerke gelten als Kommunikationswege der Zukunft, denn dank quantenphysikalischer Phänomene wie der Verschränkung und Überlagerung lässt sich in ihnen Information instantan, manipulationssicher und über große Entfernungen hinweg übertragen. Erste Tests der Quantenübertragung per Glasfaser, Laser und sogar Satellit waren bereits erfolgreich. Auch erste Quanten-Netzwerke mit mehrere Nutzern und Quanten-Modems wurden bereits entwickelt.

Schema
Aufbau des Experiments. © van Leent et al./ Nature, CC-by 4.0

Wellenlänge bestimmt Reichweite

Bei der Übertragung von Quanteninformation in Glasfasern hängt die Reichweite allerdings stark von der Wellenlänge der verschränkten Photonen ab. Um die Verluste möglichst gering zu halten und den Abstand zwischen Quantenknoten und -verstärkern zu maximieren, müssen die Lichtteilchen möglichst auf die von der gängigen Telekommunikation genutzten Wellenbereiche gebracht werden. Bisher emittieren die meisten Quantenknoten und -speicher aber Licht im sichtbaren oder nahen Infrarotbereich.

Entsprechend gering ist die Reichweite: „Bisher war das Versenden gut definierter Signale mit nachweisbarer Verschränkung auf Glasfaser-Längen von 1,7 Kilometer beschränkt“, erklären Tim van Leent von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und seine Kollegen. Sie haben nun ein System entwickelt, das die Konvertierung von Quanteninformation und das Versenden mit größerer Reichweite ermöglicht.

Atome als Quantenspeicher, Photonen als Überträger

Für ihr Experiment nutzten die Forschenden zwei räumlich getrennte, jeweils in einer Laserfalle gefangene Rubidiumatome als Quantenspeicher und damit als Quellen der Quanteninformation. Ziel war es, diese Atome durch Photonen miteinander zu verschränken. Dafür regten sie die Atome zunächst per Laser an, so dass sie beim Zurückfallen in den Grundzustand ein Photon abgaben. Dabei wurde der Spin-Zustand des Atoms mit dem Polarisations-Zustand des Photons verschränkt – das Lichtteilchen konnte nun als Träger der Quanteninformation verwendet werden.

Allerdings: Die Photonen hatten eine Wellenlänge von 780 Nanometern und würden daher in einem Glasfaserkabel nicht weit kommen: „Photonen mit dieser Wellenlänge würden schon bei 2,5 Kilometern in einer Glasfaser um den Faktor Zehn abgeschwächt“, erklären van Leent und seine Kollegen. Sie setzen deshalb einen Quanten-Frequenzkonverter ein, um die verschränkten Photonen auf eine Wellenlänge von 1.517 Nanometer zu konvertieren, das sogenannte S-Band der Telekommunikationsfrequenzen.

Neuer Reichweitenrekord

Erste Tests ergaben, dass diese Konvertierung mit einer bisher unerreichten Effizienz von 57 Prozent gelang, während gleichzeitig die in den Photonen gespeicherten Quanteninformationen mit hoher Güte erhalten blieben. Anaschließend versendeten die Physiker die konvertierten Photonen über unterschiedlich lange Glasfaserleitungen und testeten jeweils, ob die Photonen ankamen, ob die Quanteninformation erhalten blieb und gut lesbar war und auch, ob damit die quantenphysikalische Verschränkung der beiden Atome trotz der Entfernung erreicht wurde.

Mit Erfolg: Die mit den Atomen verschränkten Photonen konnten noch über 33 Kilometer Glasfaser verschickt werden, ohne dass die Kopplung und damit die Quanteninformation verloren ging, wie das Team berichtet. Das sei die bislang längste Strecke, über die eine quantenmechanische Verschränkung mittels eines Telekommunikationskabels gelungen sei. „Unsere Ergebnisse zeigen die Machbarkeit einer Verschränkungs-Übertragung über Telekommunikationskabel“, schreiben van Leent und seine Kollegen.

Nach Angaben des Teams sind diese Resultate hilfreich für die Geräte-unabhängige Verteilung von Quantenschlüsseln und für die Funktionsfähigkeit von Quantenverstärkern. Dies sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem Quanten-Internet auf Basis bestehender Telekommunikationsstrukturen. (Nature, 2022; doi: 10.1038/s41586-022-04764-4)

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU)

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