Stabiles Plasma: Der chinesische Fusionsreaktor EAST hat einen neuen Weltrekord beim Plasmaeinschluss aufgestellt. Erstmals hielt der doughnutförmige Testreaktor das Millionen Grad heiße Fusionsplasma für 1.066 Sekunden im sogenannten H-Modus. Dieser Hochenergiezustand kann Energie und Hitze besonders gut halten und gilt als Voraussetzung für die stabile, anhaltende Kernfusion in Tokamak-Fusionsreaktoren wie EAST oder dem in Frankreich gebauten internationalen Großreaktor ITER.
Die Kernfusion gilt als mögliche Energiequelle der Zukunft. Doch dafür muss das Fusionsplasma so heiß und dicht sein, dass die Kernfusion zündet und eine Kettenreaktion einsetzt. Nur dann wird mehr Energie erzeugt als zuvor aufgebracht werden musste. Bisher ist allerdings strittig, welcher Reaktortyp dafür die besten Chancen bietet. Mittels Laserfusion ist zwar schon eine Plasmazündung gelungen, aber nur im Mikromaßstab.
Fusionsreaktoren nach dem Einschlussprinzip – Tokamaks oder Stellaratoren – können dagegen größere Plasmamengen in einem Magnetkäfig aufheizen und so potenziell mehr Energie erzeugen. Allerdings haben Testreaktoren dieser Bauart zwar schon Energierekorde erzielt, nicht aber die Zündung. Dies soll der Tokamak-Großreaktor ITER erreichen, der zurzeit in Frankreich gebaut wird.
Neuer Rekord für den „High-Confinement Mode“
Jetzt haben Physiker in China einen wichtigen Schritt hin zu einem stabilen Fusionsplasma in Tokamak-Reaktoren wie ITER geschafft. Im „Experimental Advanced Superconducting Tokamak“ (EAST) im chinesischen Hefei erreichten sie einen neuen Rekord im Plasmaeinschluss. Konkret schafften sie es, das Fusionsplasma 1.066 Sekunden im sogenannten High-Confinement Mode zu halten – neuer Weltrekord. Bisher lag der Rekord für den H-Mode bei 403 Sekunden, aufgestellt wurde dieser erst 2023 ebenfalls im EAST-Testreaktor.
Der erst im Jahr 1982 entdeckte H-Mode gilt als Voraussetzung für eine Kernfusion im Tokamak. In diesem Zustand bildet das Plasma an seiner Außenseite eine besonders dichte, komprimierte Schicht. Diese bremst Energieverluste nach außen und verdoppelt die Effizienz der Plasmaheizung. „Durch die Erforschung des H-Mode nähern wir uns immer mehr Plasma-Betriebszuständen an, die für große Fusionsanlagen wie ITER am besten geeignet sind“, erklärte Elisabeth Wolfrum vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik unlängst.
Das Problem der Stabilität
Allerdings gibt es einen Haken: Im H-Mode kommt es am dichten Plasmarand immer wieder zu heftigen Eruptionen. Diese sogenannten Edge Localized Modes (ELM) schleudern Millionen Grad heißes Plasma nach außen und können die Wände der Fusionsreaktoren beschädigen. „In kleinen Testreaktoren sind ELMs verkraftbar, aber im viel größeren ITER wären sie so stark, dass die beschichteten Wandoberflächen des Vakuumbehälters schmelzen würden“, erklärt Wolfrum.
Fusionsforscher arbeiten deshalb weltweit daran, diese Plasmaausbrüche einzudämmen und so das Fusionsplasma stabiler zu machen. Am EAST-Reaktor ist es den Physikern nun gelungen, alle Parameter so einzustellen, dass das Fusionsplasma über 1.066 Sekunden hinweg stabil im H-Mode blieb. „Ein Fusionsreaktor muss tausende Sekunden lang stabil in diesem hocheffizienten Modus laufen, um künftig eine Stromerzeugung zu ermöglichen“, erklärt Yuntao Song, Leiter des Instituts für Plasmaphysik (ASIPP) in Hefei. Der aktuelle Rekord sei ein entscheidender Schritt zu einem solchen Reaktor.
Die im EAST-Fusionsreaktor gewonnenen Erkenntnisse werden auch dem internationalen Testreaktor ITER zugutekommen. Denn China ist seit 2006 Mitglied in der Kooperation, die diesen weltgrößten Fusionsreaktor baut und betreiben wird.
Quelle: Chinese Academy of Sciences Headquarters, Max-Planck-Institut für Plasmaphysik