In Zeit statt Raum: Physiker haben das berühmte Doppelspalt-Experiment erstmals mit zeitlichen statt räumlichen „Schlitzen“ durchgeführt. Die Öffnungen in der Blende liegen dabei nicht nebeneinander, sondern folgen in ultrakurzem zeitlichen Abstand aufeinander. Dies bewirkt, dass sich die Frequenzen des Lichtstrahls aufspreizen und miteinander interagieren. Dadurch entstehen Interferenzen im Farbspektrum statt in der räumlichen Position der auftreffenden Lichtwellen, wie das Team in „Nature Physics“ berichtet.
Das Doppelspaltexperiment ist eines der berühmtesten Experimente der Physik. Richtet man einen Strahl aus Photonen, Elektronen, Atomen oder Molekülen auf eine Blende mit zwei Schlitzen, entsteht im Detektor dahinter ein Interferenzmuster aus hellen und dunklen Streifen. Dies bestätigt, dass Teilchen auch als Wellen reagieren, die sich gegenseitig verstärken oder auslöschen können. Diese Interferenz lässt sich sogar mit nur einem Teilchen und auch mit Antimaterie beobachten.

Reflexionsänderung erzeugt zeitliche „Schlitze“
Jetzt sind Physiker noch einen Schritt weiter gegangen: Sie haben das Doppelspalt-Experiment erstmals in der Zeit statt im Raum durchgeführt. Statt zwei nebeneinander liegenden Schlitzen passiert ein Lichtstrahl dabei ein Material, das sich im Abstand von wenigen hundert Femtosekunden kurz öffnet und schließt. Dadurch entstehen zwei zeitlich getrennte „Schlitze“, wie Romain Tirole vom Imperial College London und sein Team berichten.
Die Physiker nutzten für ihr Experiment das Halbleitermaterial Indiumzinnoxid (ITO), das unter anderem in Displays, Touchscreens und organischen Leuchtioden eingesetzt wird. Durch Zufuhr von Energie, beispielsweise in Form kurzer Laserpulse, kann es seine Reflexion ändern und von weitgehender Transparenz in einen fast undurchlässigen, stark reflektierenden Zustand wechseln. Zwei ultrakurze, undurchlässige Phasen des Indiumzinnoxids dienten im Doppelspalt-Versuch als „Schlitze“.