Chemie

Erster Aromaten-Ring allein aus Metallatomen

Chemiker erzeugen erstmals einen aromatischen Metallring ohne angelagerte Stützmoleküle

metallischer Aromatenring
Die Abbildung zeigt die erste aromatische Ringverbindung (lila), die nur aus Metallatomen besteht. © Lutz Greb

Schwebender Ring: Chemikern ist es erstmals gelungen, eine aromatische Ringverbindung nur aus Metallatomen zu erzeugen – und ohne verknüpfte Stützmoleküle. Der Ring besteht aus vier positiv geladenen Bismut-Ionen, die miteinander verbunden sind und deren Bindungselektronen delokalisiert sind, wie das Team in „Nature Chemistry“ berichtet. Stabilisiert wird diese Ringverbindung durch ein Ladungsfeld zweier nicht verbundener, aber benachbarter Moleküle.

Aromatische Verbindungen sind ringförmige Moleküle, in denen die Bindungselektronen zwischen den Atomen nicht fest zugeordnet sind. Sie bilden stattdessen delokalisierte Orbitale, die um den gesamten Ring oder weite Teile davon herumreichen. Dies verleiht ihnen besondere Stabilität und Eigenschaften. Kein Wunder daher, dass geschätzt zwei Drittel aller organischen Moleküle ganz oder teilweise aromatisch sind.

Das Gerüst eines solchen Rings besteht meist aus Kohlenstoffatomen wie beim Benzol, es kann aber auch von anderen Atomen wie Stickstoff oder Metallen gebildet werden. In letzterem Fall sind bisher aber nur Aromaten bekannt, in denen die ringförmig verbundenen Metallatome zusätzlich durch kovalent mit ihnen verknüpfte organische Moleküle stabilisiert werden.

Elektronendichte
Die Elektronenverteilung im Viererring aus Bismut-Ionen zeigt, dass der Ring aromatisch ist. © Yadav et al./ Nature Chemistry, CC-by 4.0

Vier Metall-Ionen im aromatischen Ring

Doch es geht auch ohne, wie nun Chemiker um Ravi Yadav von der Universität Heidelberg demonstriert haben. Ihnen ist es erstmals gelungen, einen aus positiv geladenen Metall-Ionen bestehenden Aromaten-Ring ohne anhängende Moleküle zu erzeugen. Der Ring besteht aus vier Bismut-Kationen (Bi+), deren insgesamt 16 Bindungselektronen delokalisiert sind. Es ist die erste kationische, rein metallische aromatische Verbindung ohne kovalente „Stützmoleküle“.

Möglich ist dieser metallische Aromaten-Ring allerdings nur, weil es in seiner unmittelbaren Umgebung zwei größere organische Moleküle gibt. Diese sind zwar nicht mit dem Metallring verbunden, dienen aber dennoch als Stabilisatoren: „Der hochgradig Elektronen-defiziente Ring wird im symmetrischen Ladungsfeld festgehalten, das von zwei elektronenreichen Calix-Pyrrolato-Einheiten gebildet wird“, erklären die Chemiker. Von diesem Ladungsfeld gehalten, schwebt der Metallring in einem Hohlraum zwischen den beiden Begleitmolekülen.

Auch bei anderen Metallen möglich

Ergänzende Tests ergaben, dass auch andere Metalle mit ähnlichen Außenelektronen-Konfigurationen wie Blei und Tellur solche kationischen Aromatenringe bilden können. In allen untersuchten Fällen bildeten sich Viererringe mit delokalisierten Sigma-Orbitalen aus, wie das Team berichtet. „Wir gehen davon aus, dass sich unser Ansatz als allgemeine Methode auch auf andere Bereiche der Stabilisierung positiv geladener Ringe und Käfige anwenden lässt“, sagt Seniorautor Lutz Greb von der Universität Heidelberg.

Gleichzeitig erbrachten ihre Versuche auch neue Einblicke in das Bindungsverhalten von Metallatomen. „Aromatische Verbindungen aus reinen Metallatomen dienen zunächst dem fundamentalen Verständnis. Einige unerwartete Effekte in unserer Arbeit deuten jedoch auf ein neues Grundkonzept auf dem Gebiet der Aromatizität hin“, erklärt Greb. „Es könnte für den Ladungstransport in Metallen von Bedeutung sein.“ (Nature Chemistry, 2024; doi: 10.1038/s41557-024-01530-z)

Quelle: Universität Heidelberg

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