Quantendaten werden mobil: In Aachen haben Physiker die erste Keimzelle eines regionalen Quantennetzwerks installiert – einen neu entwickelten Quantenknoten. Er soll die Übermittlung verschränkter Quanten zwischen Quantencomputern in Aachen, Jülich und Bonn ermöglichen. Herzstück des Quantenknotens ist ein Diamant, der Quantendaten von Qubits auf verschränkte Photonen überträgt und diese so mobil macht.
Quanteninformationen lassen sich dank des Phänomens der Verschränkung „unknackbar“ übertragen. Denn jede Zustandsänderung eines verschränkten Teilchens verändert auch den Partner – sofort und unabhängig von der Entfernung. Physiker haben solche Quantendaten bereits über städtische Glasfasernetze, per Unterseekabel und sogar per Satellit übertragen.
Schwieriger ist es allerdings, solche Übertragungen mit Quantencomputern und deren Qubits zu koppeln. Dies erfordert einen Transfer der fragilen Verschränkung von den Qubits der stationären Rechner – meist in Form von Atomen oder Quantenpunkten – auf die Photonen als Transportmedium. Dafür haben Physiker spezielle „Quanten-Modems“ entwickelt, die als Kernbausteine eines zukünftigen Quanteninternets gelten.
Lokales Netzwerk als erster Schritt zum Quanteninternet
Jetzt wird ein solcher Quantenknoten erstmals in Aachen installiert. Er soll einen ersten Baustein für ein regionales Quantennetzwerk bilden, das später Quantensysteme in Aachen, Jülich und Bonn miteinander verbindet. Solche „Metropolitan Scale Quantum Networks“ gelten als Vorstufe zu einem echten Quanteninternet. Denn sie benötigen noch keine Quanten-Repeater, die die Quanteninformation immer wieder auf „frische“ Photonen übertragen und so den Verlust auf langen Strecken ausgleichen. Doch die Entwicklung solcher Quantenverstärker steckt noch in den Anfängen.
Deshalb setzen Quantenforscher nun zunächst auf lokale Netzwerke. „Wir haben damit ein praktisches Testfeld, in dem wir diese Technologie gemeinsam mit Partnern aus der Industrie und Wissenschaft zur Marktreife entwickeln möchten“, erklärt Bernd Jungbluth vom Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen. „In unserer Vision werden solche regionalen Netzwerke sehr leistungsfähige, sichere Verbindungen zwischen Quantencomputern sowie zwischen Quantensensoren ermöglichen.“ Denkbar seien beispielsweise Anwendungen wie das Distributed Quantum Computing, aber auch sichere Remote-Zugriffe auf Quantencomputer.
Diamant als Herzstück des Quantenknotens
Herzstück des neuen Quantenknotens bilden Diamanten mit speziellen Gitterfehlern – sogenannten NV-Zentren. Diese „Löcher“ mit benachbarten Stickstoff-Fremdatomen eignen sich aufgrund ihrer speziellen Spin-Konfiguration als Qubits. In dem von Physikern des QuTech-Forschungsverbunds in Delft entwickelten Quantenknoten werden diese Qubits mittels Mikrowellen und Magnetfeldern kontrolliert und über Laser ausgelesen. Dabei wird ein Photon frei, das die Quanteninformationen des Qubits trägt und mit ihm verschränkt ist.
Um die vom Quantendiamant erzeugten Photonen dann ins Glasfasernetz einzuspeisen, müssen sie erst in passende Wellenlängen umgewandelt und fokussiert werden. Dafür haben die Forscher einen Quantenfrequenzkonverter sowie eine spezifisch geformte, direkt in den Diamantchip integrierte Optik entwickelt.
Erster Test und Optimierungen
In einem ersten Test des Delfter Prototyps gelang es bereits, mithilfe dieses Quantenknotens einen Quantencomputer in Delft mit einem Gegenstück in Den Haag zu verbinden. Die verschränkten Quantenteilchen wurden dabei über 25 Kilometer unterirdischer Glasfaser übertragen. Die dafür nötige Präzision der Systeme ist laut QuTech mit der Aufgabe vergleichbar, den Abstand zwischen der Erde und dem Mond auf wenige Millimeter genau konstant zu halten.
Seither hat das internationale Forschungsteam die Technologie des Quantenknotens weiterentwickelt und auf Basis der Erfahrungen optimiert. Unter anderem wurden mehrere optische Bauteile verbessert und ausgetauscht. Dieser optimierte Quantenknoten wurde nun nach Aachen gebracht und soll dort nun die Keimzelle eines ersten städteübergreifenden Quantennetzwerks werden. „Das Quanteninternet kann von hier aus in alle Richtungen wachsen“, sagt Jungbluth. Dank der zentralen Lage in Europa und der dicht besiedelten Metropolregionen mit kurzen Wegen sei Nordrhein-Westfalen dafür besonders geeignet.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT