Spannender Durchbruch: Deutsche Physiker haben erstmals einen Quantenprozessor mit mehr als 1.000 atomaren Qubits in einer Ebene konstruiert – für atombasierte Quantencomputer ist dies ein neuer Rekord. Dies gelang durch eine neue Methode, die die bisherige Beschränkung der Laserleistung überwindet und die Kombination mehrerer Laser und optischer Pinzettenfelder erlaubt. Damit könnten nun auch noch größere Quantencomputer auf Basis ultrakalter Atome konstruiert werden.
Quantencomputer gelten als die Rechnertechnik der Zukunft. Allerdings ist bisher strittig, welche Quanten-Architektur dafür am vielversprechendsten und am besten skalierbar ist. Denn für die volle Leistung und Einsatzbreite benötigen Quantenrechner eine gewisse Mindestzahl an Qubit-Recheneinheiten. Mit Qubits aus supraleitenden Ladungspunkten hat IBM kürzlich bereits die 1.000-Qubit-Marke geknackt.
Ultrakalte Atome in der Laserfalle
Doch auch Quantencomputer mit Qubits aus Atomen oder Ionen gelten als vielversprechende Technologie. In ihnen werden die einzelnen Qubits durch Laserpinzetten in einem optischen Gitter platziert und in Position gehalten. Für diese optischen Atomfallen wird allerdings eine hohe Laserleistung benötigt. „Die Zahl der ausreichend tiefen Fallenplätze für die Atome ist proportional zur verfügbaren Laserleistung“, erklären Lars Pause von der Technischen Universität Darmstadt und seine Kollegen.
Das Problem dabei: Die optischen Atomfallen erfordern kohärente, koordinierte Laserstrahlen, die bisher aus demselben Laser stammen mussten. Dadurch waren atomare Quantenprozessoren bisher auf maximal wenige hundert Qubits beschränkt – mehr Fallenplätze gab die Laserleistung nicht her. Doch jetzt haben Pause und sein Team diese Beschränkung überwunden. Sie haben eine Technik entwickelt, durch die von verschiedenen Lasern erzeugte optische Pinzettenfelder miteinander kombiniert werden können.
1.000-Qubit Marke geknackt
Mit diesem System gelang es den Physikern, den weltweit ersten Quantenprozessor mit mehr als 1.000 atomaren Qubits zu konstruieren. Ihre aus zwei verknüpften Laserpinzettenfeldern bestehende Architektur umfasste bis zu 1.305 einzelne Qubits aus ultrakalten Rubidiumatomen. Die Atome bildeten zudem 441 defektfreie, rechenfähige Quantenbit-Cluster.
„Wir sind hocherfreut, dass wir die Marke von 1.000 einzeln kontrollierbaren atomaren Qubits als erste erreicht haben, während so viele exzellente Konkurrenten uns dicht auf den Fersen sind“, sagt Seniorautor Gerhard Birkl von der TU Darmstadt. Die neuentwickelte Architektur erlaube es zudem, die Zahl der Qubits nahezu proportional zur Zahl der kombinierten Pinzettenfelder zu erhöhen. Damit werden auch atomare Quantencomputer modular skalierbar.
Überlagerung mehrere Laserfelder in einer Ebene
Der Durchbruch gelang den Physikern durch den Einsatz spezieller optischer Linsensysteme. Ein Satz Mikrolinsen erzeugt dabei zunächst aus dem ersten Infrarot-Laserstahl ein Gitter aus Laserpunkten, die als optische Fallen dienen. Quer dazu kommt ein zweiter Laserstrahl mit identischen Merkmalen ins Spiel. Er wird mithilfe eines speziellen Strahlteilers zwischen zwei der Mikrolinsen im Ausgangsstrahl eingespeist. Der Clou dabei: Der zweite Laserstrahl erzeugt ein weiteres Feld optischer Pinzetten und Atomfallen. Die Anordnung der Linsen ermöglicht es dabei, beide Fallenfelder in einer Ebene zu überlagern.
„Indem wir zwei unabhängig voneinander erzeugte Arrays miteinander kombiniert haben, konnten wir mehr als 3.000 Fallenplätze in einer Ebene erzeugen“, berichten Pause und seine Kollegen. Das Experiment demonstriere, dass die Fokusebenen mehrerer Mikrolinsen-Lasersysteme ohne Verlust überlagert werden können – dies multipliziere die Zahl der verfügbaren Qubit-Plätze.
10.000 Qubits schon in wenigen Jahren?
Nach Ansicht der Physiker demonstriert ihr System das enorme Potenzial dieser Technik. Denn sie ermöglicht den parallelen Einsatz mehrerer Laserquellen und überwindet so die bisherige Beschränkung durch die Leistungsgrenze eines einzelnen Lasers. „Durch diese auf Mikrooptiken basierende Technologie lassen sich Laserpinzetten-Anordnungen nun zu ausgedehnten Architekturen erweitern“, erklären Pause und sein Team.
Wie die Forscher erklären, könnten sich durch Erweiterung der Technik auf noch mehr Laser schon in wenigen Jahren atomare Quantenprozessoren mit 10.000 Qubits und mehr konstruieren lassen. (Optica, 2024; doi: 10.1364/OPTICA.513551)
Quelle: Technische Universität Darmstadt